Nicht klopfen, oder was?

Immer wieder mal liest oder hört man, die Pferde sollten nicht als Lob geklopft werden. Besser sei, sie zu streicheln. Fragt man nach wird meist gesagt, eine Studie hätte dies gezeigt. Die wenigsten aber wissen, was diese eigentlich untersucht hat.

Tatsächlich waren es sogar drei unterschiedliche Studien von zwei verschiedenen Teams – aber der Reihe nach. Bei der einen Studie untersuchten Wissenschaftler das Verhalten von Pferden, während diese vier Mal 30 Sekunden lang geklopft wurden, mit einer Pause von 15 Sekunden dazwischen. Im selben Rhythmus wurde auch der Widerrist gekrault. Aufgezeichnet wurden die Herzfrequenz und das Verhalten. Die Herzfrequenz änderte sich nicht, wohl aber das Verhalten: Beim Kraulen zeigten die Pferde Bekundungen des Wohlgefallen, wie Kopfsenken. Beim Klopfen war das nicht der Fall, eher kam Unruhe auf. Die zweite Untersuchung kam bei einminütigem Kraulen nach Belastung vom Sattel aus zu einem Absinken der Herzfrequenz. Bei einminütigem Klopfen zeigte sich dieses Ergebnis nicht. Auch hier wurden die Pferde dabei eher unruhig.

Kein Wunder: Ein Pferd eine oder zwei Minuten lang zu klopfen ist tatsächlich eine blöde Idee. Probieren Sie es einfach mal an ihrem eigenen Oberschenkel oder Unterarm aus. Sie werden feststellen: Das wird recht schnell unangenehm.

Ansonsten spricht vieles fürs Klopfen, wie ich seit Jahren bei jeder Anwendung der Klopfmassage am Pferd wieder feststelle. Die Pferde entspannen dabei hervorragend – sogar bei den ersten Übungen meiner Kursteilnehmer. Diese alte Massagetechnik hat eine lange Geschichte in vielen Kulturen. Klopft man ein Pferd am Hals, mobilisiert dies über die Nackenplatte die Halswirbelsäule und kann so helfen, diese zu entspannen.

Was von den Studien in den Köpfen blieb, war aber, Klopfen sei Bäh. Schade eigentlich. Viele Ausbilder propagieren nun stattdessen, das Pferd am Widerrist oder Hals zu kraulen oder zu streicheln. Dagegen spricht erst einmal nichts. Allerdings ist lediglich das Kraulen am Widerrist in der Körpersprache der Pferde enthalten – bei der gegenseitigen Fellpflege. Und auch dabei muss das Pferd erst lernen, dass der Mensch dies als Lob verwendet.

Damit ein Pferd verstehen lernt, dass es gelobt wird, helfen wir ihm anfangs vom Boden aus mit unserer Stimme, unserer Stimmung ((V)) und Futterlob. (© C. Götz)

Damit ein Pferd verstehen lernt, dass es gelobt wird, helfen wir ihm anfangs vom Boden aus mit unserer Stimme, unserer Stimmung und Futterlob. (© C. Götz)

Denn im Verhaltensrepertoire der Pferde ist das Kraulen nicht als Lob verankert, sondern als soziale Interaktion: Ein Pferd bietet die Fellpflege an, das andere geht darauf ein – oder eben auch nicht. Beim Kraulen vom Sattel aus bestimmt der Reiter was Sache ist. Für mich der Grund, warum etliche Pferde das (zuerst) nicht mögen.

Nicht zuletzt gibt es durchaus Gründe, dem Pferd zu vermitteln, dass Abklopfen – nicht nur am Hals – etwas Feines ist: etwa wenn man eine Bremse erschlagen möchte. Wenn man beim Springen, Buckeln oder im Gelände mal die Balance verliert ist es ebenfalls nicht verkehrt, dass das Pferd schon mal gemerkt hat, welche Stellen an ihm der Reiter mit seinem Körper noch erreichen kann.

Wie Sie dann tatsächlich am häufigsten loben sollten Sie das Pferd entscheiden lassen: Es wird es ihnen zeigen.