Stiefel oder -etten?

Na gut, eigentlich lautet die Frage: Reitstiefel, Stiefelschäfte, Chaps oder nur Stiefeletten mit Jodhpurhose? Da in den letzten Jahren immer mehr dieser Hosen auf den Markt kamen, in denen man als Reiter nicht mehr aussieht wie in Skiunterwäsche, möchte ich heute mal auf die Vorteile der Jodhpurhose beim Reiten eingehen.

Vorweg: Ich reite seit zehn Jahren fast nur noch in Jodphurhose und -stiefelette. Ausnahmen bildeten nur die Turniere auf denen ich gestartet bin. Im Training trage ich schon lange eine Jodhpurhose. Damit habe ich ein deutlich entspanntes Bein und damit einen besseren Sitz. Ich kann das Pferd besser spüren und meine Hilfengebung wurde feiner. Ich kann auch besser aus dem Sitz heraus reiten. Das war praktisch sofort spürbar und hat sich sogar noch weiter entwickelt.

Jodphurhosen haben zumeist Vollbesatz; es gibt aber auch Modelle mit Teil- oder Kniebesatz. (© U. Götz)

Jodhpurhosen haben zumeist Vollbesatz; es gibt aber auch Modelle mit Teil- oder Kniebesatz. (© U. Götz)

Die Argumente für einen steifen Stiefelschaft kann ich nicht nachvollziehen. Die Stabilität eines Stiefelschaftes fördere das Gefühl für eine ruhige Schenkellage, heißt es. Aus meiner Beobachtung von Anfängern, die ich mit Jodhpurhosen ausgestattet hatte, trifft das eher für Jodhpurhose plus -stiefelette zu, die mehr Beweglichkeit im Sprunggelenk zulassen. Reiten mit festen Stiefeln führt oft zu einem festgestellten Sprunggelenk. Dies wiederum muss man an anderer Stelle des Sitzes kompensieren. Reitet man dann ohne Stiefel, hat man massive Sitzprobleme.

Angeblich sollen die Impulse eines harten Stiefels besonders präzise sein. Richtig ist, dass Schenkelhilfen mit steifen Stiefelschäften punktueller sind, als mit weichen Chaps oder Jodhpurhosen. Ein am Pferd atmender Schenkel kann meiner Erfahrung nach leichter entstehen, wenn man mehr vom Pferd spürt. Und dies ist eben mit Jodhpurhosen der Fall ist.

Oft hört oder liest man auch, man solle den Schenkel gar nicht so um den Pferdeleib legen können, wie dies mit weichen Chaps oder Jodhpurhosen möglich ist, denn dies fördere ein Dauerquetschen und mache das Pferd stumpf. Meiner Erfahrung nach wird eher umgekehrt ein Schuh daraus: Wer das Reiten aus dem Sitz und impulsartiges Treiben nicht gelernt hat und stattdessen ein Dauertreiben mit Schenkel und Sporn praktiziert, wird sich mit weichen Chaps oder Jodhpurhosen schwerer tun. Das grundsätzliche Problem lässt sich mit weniger Leder zwischen Unterschenkel und Pferdeleib und damit mehr Gefühl im Bein aber ausgesprochen erfolgreich abstellen. Entsprechende Anleitung ist natürlich notwendig.

Es lohnt sich, es zumindest auszuprobieren, denn alles, was man an Variationen ins eigene Reiten einbauen kann – wie unterschiedliche Bügellängen, den Wechsel zwischen zwei Sätteln, das Reiten auf anderen Pferden – fördert die reiterliche Ausbildung generell.

Zudem ist die Fuß- und Beinbekleidung vor allem Gewöhnungssache. Wer jahrelang ausschließlich mit sehr steifen Schäften geritten ist, empfindet die Umstellung meist sehr krass. Aus diesem Grund sollten alle die an Jodhpurhosen Gefallen gefunden haben und auf Turnieren starten sich einige Tage davor wieder auf die Stiefel oder -schäfte, die sie dafür benötigen, umstellen.