Stefan Schomanns neues Buch „Auf der Suche nach den wilden Pferden“ habe ich hier bereits vorgestellt. Ich weiß, dass ich ein wenig wie ein Groupie wirke, wenn ich sage, ich wollte unbedingt mit ihm darüber sprechen. Und tatsächlich war nicht nur das Buch sehr kurzweilig, sondern auch das Interview …
Herr Schomann, Sie haben ja bereits ein Buch über Pferde geschrieben – Das Glück auf Erden | Reisen zu Pferd – was hat Sie (sorry, Kalauer) geritten, danach das Buch über die Tachi zu schreiben?
Stefan Schomann: Ein Kapitel über die Tachi findet sich bereits im ersten Buch. Und als ich dafür recherchierte, wurde mir bald klar, dass deren Entdeckungsgeschichte und ihre Auswilderung ein eigenes Buch wert wäre.
Sie bezeichnen sich selbst als Sonntagsreiter. Was für ein Pferdemensch sind Sie?
Ich habe vor gut zwanzig Jahren zwei Jahre lang reiten gelernt, mit dem Ziel, auf dem Pferderücken Länder und Landschaften zu erleben. Ich bin immer viel gereist, und die Vorstellung, bestimmte Regionen neben und auf dem Pferd kennenzulernen, hat mich fasziniert. So war ich unter anderem auf Island, in Indien, in Südafrika, in den Rocky Mountains und in etlichen europäischen Ländern unterwegs. Und überall haben mir die Pferde Türen geöffnet, was zu tollen Begegnungen mit den Menschen geführt hat.
Für „Auf der Suche nach den wilden Pferden“ müssen Sie neben den Reisen auch unfassbar viel historisches Material gelesen haben. Das stelle ich mir sehr anstrengend vor.
Im Gegenteil: Mir macht das Spaß. Das hat zum einen etwas Detektivisches – man sucht ja nach Nadeln in Heuhaufen. Und zum anderen sind die Aufzeichnungen der Forscher und Forscherinnen und der Reisenden aus dem 19. Jahrhundert ein sprachlicher Genuss. Und dann noch die Vorfreude: Da fährst du jetzt auch hin!
Sie sind in einem Schutzgebiet in der Gobi eine Weile mit den Pferden mitgezogen. Wie war das?
Mir ist dabei viel über das Verhalten von Pferden klargeworden. Sie ziehen langsam grasend über die Steppe. Bis auf ein paar Momente kurzer Aufregung herrscht eine große Ruhe, die sich schnell auf einen selbst überträgt und auch den Blutdruck senkt. Noch intensiver hat das Cyril Ruoso, der Fotograf erlebt, der tagelang mit einer Herde mitgezogen ist, um sich ihr immer mehr zu nähern.
Wie kam es zu dem Foto, das Sie mit einem Przewalskifohlen und seiner Mutter zeigt?
Das war in Askania Nova im Süden der Ukraine, einem weitläufigen Steppenpark, wo um 1900 die ersten Tachi außerhalb ihrer Heimat gehalten wurden und bis heute gezüchtet werden. Dort kann man den unterschiedlichsten Steppenbewohnern begegnen, auch aus anderen Teilen der Erde, etwa Bisons, Antilopen und Zebras. Askania Nova musste ich unbedingt besuchen, da es für das Überleben der Tachi eine so große Rolle gespielt hat.
Was ist für Sie das Erstaunlichste an der Geschichte dieser Wildpferde?
Dass sie so lange verborgen geblieben sind. Und dass sie dann, kurz vor dem Aussterben, doch noch gerettet werden konnten, vor allem durch den Einsatz einzelner Menschen und privater Organisationen. Dem Engagement dieser Leute für den Artenschutz wollte ich ein kleines Denkmal setzen.
Übrigens: Am 21. Juli 22 liest Stefan Schomann im Münchener Tierpark Hellabrunn aus seinem Buch. Mehr über ihn und von ihm auf seiner Homepage. Und hier finden Sie mehr über die ITG (International Takhi Group), die sich dem Schutz des 18000 km2 großen Reservats in der Gobi B widmet, wo nicht nur die Przewalskipferde, sondern auch Khulane und zahlreiche andere gefährdete Arten sicher leben können.