Sehenswert

In letzter Zeit tauchen öfter spannende historische Reit-Dokumente im Netz auf. Eines, das sonst vielleicht etwas untergeht, ist ein sechsminütiger Film, vermutlich aus der zweiten Hälfte der 1930-er-Jahre. Sehenswert ist dieser vor allen Dingen wegen der letzten 50 Sekunden.

Sie zeigen Oskar Maria Stensbeck angeblich im Alter von 82 Jahren auf dem Wallach Gimpel. Kann leider nicht sein, denn Stensbeck wurde nur 81 Jahre alt. Aber sehr viel jünger kann er bei den Aufnahmen auch nicht gewesen sein, denn das Material berichtet von den beiden Olympia-Erfolgen Gimpels. Den letzten hatte er 17-jährig in Berlin (also 1936). Auch wenn Reiter und Pferd also etwa 80 und 20 Jahre alt sein müssen: Das sieht man beiden nicht wirklich an. Doch nicht nur das finde ich schön. Mir gefällt die Leichtigkeit, mit der Pferd und Reiter sich als Einheit bewegen.

Heute ist Stensbeck vielen als Namensgeber der Auszeichnung für Pferdewirte bekannt: Die Stensbeck-Plakette in Bronze wird bei guten Noten an reitende Pferdewirte verliehen, die in Silber an Pferdewirtschaftsmeister, die in Gold gibt es nur für ein besonderes reiterliches Lebenswerk. Zu seiner Zeit kannte man ihn als Zigarren-Freak und als einen feinfühligen Reiter, der bei seinen Pferden häufig im Stand und Schritt Balance und Kraft förderte.

Der Reitmeister Oskar Maria Stensbeck auf Gimpel.

Der Reitmeister Oskar Maria Stensbeck auf Gimpel.

Stensbeck ist 1858 geboren und wurde 1926 als ziviler Stallmeister in den Schulstall der Kavallerieschule Hannover geholt. Er hatte Zeit seines Lebens einen Ruf sowohl als bedeutender Ausbilder von Berufsreitern, als auch von Dressurpferden.

Der Ostpreuße Gimpel war ein Blutpferd wie es im Buche steht: hochelegant, fein und eifrig. Sein Vater war der Vollblüter Wandersmann xx, der in Hoppegarten das Unions-Rennen gewonnen hatte und auch die Mutterseite mit Trakehner Abstammung führte viel Blut. Bereits nach der Olympiade 1928 in Amsterdam schrieb der Hippologe Gustav Rau: „Gimpel gefiel durch seine Harmonie und seinen Nerv sehr.“ Und der Reitsportjournalist Erich Glahn fand ihn bei der Olympiade 1936 zu schlecht bewertet. Beide Male errangen die Teams in denen er startete Mannschafts-Gold.

Schaue ich mir die Bilder an, fallen mir vor allem zwei Aussagen ein, die man heute häufiger hört und liest: Die Pferde seien heute so viel besser und reiterlich sei in der guten alten Zeit auch nicht alles gülden gewesen. Das mag ja sein. Aber: Was für ein Pferd, was für ein Reiter!