Die Tage bin ich mal wieder über ein „Nett“ gestolpert, auf das man vielleicht am besten mit „.. ist die kleine Schwester von diesem K..k-Wort, das man nicht in den Mund nehmen darf“ antworten sollte. Der Spruch entlarvt diejenigen, die mit einem „Nett“, eigentlich sagen, dass sie nichts von dem halten, was sie vermeintlich gerade gelobt haben. Was das mit dem Reiten zu tun hat? Viel mehr, als man im ersten Moment meinen könnte.
Beim Reiten und allem, was wir sonst mit den Pferden machen, sind die meisten von uns sehr empfindlich gegen Kritik. Doch was ist Kritik? Eine Definition lautet: die Beurteilung eines Gegenstandes oder einer Handlung anhand von Maßstäben.
Diese Maßstäbe sind beim Reiten meiner Ansicht nach von besonderer Bedeutung. Denn nicht nur der Wissensstand desjenigen, der eine Kritik äußert, sondern auch die Reitweise und das persönliche Verständnis des Umgangs mit dem Pferd bestimmen entscheidend mit, wie das Gesagte eingeordnet wird. Irrtümer und Fehleinschätzungen inklusive.
Kritikfähigkeit bedeutet meiner Ansicht nach, sich mit jeder Art von Kritik kritisch auseinanderzusetzen. So ist man auch in der Lage, aus (vermeintlich) ungerechtfertigter oder unsachlicher Kritik etwas mitzunehmen oder zu lernen.
Man kann Kritik auch einfordern: Von Menschen, die man dafür bezahlt – also von Ausbildern – indem man sich eine Einschätzung des aktuellen Standes der reiterlichen Fähigkeiten geben lässt und davon ausgehend, Ziele definiert. Man kann auch Freunde oder Bekannte bitten, dies zu tun. Ob die darauf ehrlich einsteigen hängt aber auch davon ab, wie man bisher mit Kritik umgegangen ist.
Insofern kann auch ein „Nett“ einem weiterhelfen: Es kann Auslöser sein, das vermeintlich Gelobte selbst kritisch zu hinterfragen oder jemanden hinzuzuziehen, von dem man weiß, dass er fachlich kompetent und ehrlich ist.
Eine freiwillig geäußere sachliche und fundierte Kritik muss man sich verdienen und man muss sich dann auch ihrer würdig erweisen. Oder, wie der französische Autor François de La Rochefoucauld schrieb: „Nur wenige Menschen sind klug genug, hilfreichen Tadel nichtssagendem Lob vorzuziehen.“
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes, erfolgreiches reiterliches 2018!