Den Ausdruck betriebsblind kennt sicher jeder – man findet ihn häufiger wenn bei Arbeitsprozessen, die bestimmten, festgelegten Abläufen folgen, etwas schiefgeht. Viele von uns erkennen eine Betriebsblindheit bei anderen allerdings deutlich besser als bei sich selber – ich nehme mich da nicht aus. Grund genug, einmal genauer hinzuschauen, was man diesbezüglich verbessern könnte.
Der Begriff stammt von dem amerikanischen Psychologen Abraham S. Luchins. Er wies die sogenannte Problemblindheit 1942 experimentell nach, indem er Versuchspersonen an erfolgreiche mathematische Lösungswege gewöhnte, die sie dann auch bei Aufgaben anwendeten, die sie mit einer anderen Strategie sehr viel einfacher hätten lösen können.
Betriebsblindheit bezeichnet also eingefahrene Arbeitsprozesse, die zwar häufig zum Ziel führen, aber eben nicht immer. Denn der Begriff wird letztlich nur ausgepackt, wenn etwas schief geht oder nicht so gut läuft.
Ein ganz einfaches Beispiel: Man hat das Jungpferd daran gewöhnt, dass es sich von der linken Seite führen lässt. Nun kommt man beim Spaziergang im Gelände an eine Stelle, an der sich das Pferd unsicher fühlt. Wenn man es nun von der anderen Hand führen kann, und somit zwischen Pferd und angstauslösendem Moment ist (z. B. den laut bellenden Hunden hinter dem Zaun), dann war man nicht betriebsblind.
Erkennt man weder die Sachlage — also in diesem Fall die Intention des Pferdes – Schutz zu suchen, oder kommt man nicht auf die Idee einer (wie auch immer gearteten) Lösungsstrategie, dann war man betriebsblind.
Übrigens: Häufig geht auch mit Betriebsblindheit eine gewisse Sorglosigkeit einher, die beim Thema Pferd eigentlich nie angebracht ist. Viele vermeidbare Unfälle am Pferd gehen letztlich auf Betriebsblindheit zurück.
Mangelnde Selbstkritik – ein Stichwort, das man ebenfalls in vielen Definitionen von Betriebsblindheit liest – ist nicht zielführend, aber leider auch bei Pferdemenschen verbreitet. Es ist keine leichte Aufgabe, das eigene Handeln möglichst objektiv zu beobachten und zu hinterfragen. Hilfreich dabei ist eine gute Aus- und stetige Weiterbildung, offen zu bleiben für Kritik und das Wissen, dass Stress und Angst kontraproduktiv sind – denn die machen erst recht betriebsblind.