Neulich habe ich wieder einmal den Begriff Ein-Mann-Pferd gehört. Gibt es so etwas wirklich? Ich kann sofort voller Überzeugung „Nein“ sagen, denn zuerst einmal ist an dieser Bezeichnung eines ganz sicher falsch: Es müsste Ein-Frau-Pferd heißen, da hierzulande wesentlich mehr Frauen als Männer Pferde haben. Scherz beiseite. Ein-Mann-Pferd bedeutet …
… normalerweise, ein Pferd, das nur bei seinem Besitzer oder ständigen Reiter gut läuft, springt, folgt, sich benimmt oder schön präsentiert.
Ein-Mann-Pferde tauchen bei den unterschiedlichsten Reitern und in allen Disziplinen auf – vom reinen Freizeitreiter bis zum Profi, beim Westernreiten, Springen und natürlich in der Dressur. Ein Ein-Mann-Pferd kann bereits viele Vorbesitzer gehabt haben oder aus der eigenen Stute gezogen worden sein.
Womit erlangt ein Pferd also dieses – manchmal mit Hochachtung, häufig mit Schulterzucken oder hochgezogener Augenbraue vorgetragene – Prädikat? Meiner Ansicht nach, gibt es dafür nur einen einzigen Grund: Das Pferd entscheidet sich dafür. Warum es das tut, dafür gibt es lediglich verschiedene Ursachen, bin ich überzeugt. Die meisten davon haben mit Kommunikation zu tun.
Ein junges Pferd, das sich schlecht von dem Menschen, mit dem es hauptsächlich zu tun hat, auf andere umstellen kann, hat wahrscheinlich noch nicht gelernt, die unterschiedlichen Versionen des körpersprachlichen Ausdrucks zu deuten. Denn keine zwei Menschen sind komplett gleich in ihrem Verhalten gegenüber dem Pferd. Ein älteres Pferd kann schlechte Erfahrungen gemacht haben und möchte dann nur noch auf eine bestimmte Art behandelt werden.
Wie sieht das in der Praxis aus? Ich kenne mehrere bis in die höchsten Klassen ausgebildete Dressurpferde, die nur mit einem dicken Handbuch an Spezialanweisungen und einer seminarähnlichen Einführung verkauft werden konnten, da sie so eigen waren, was die Hilfengebung betraf. Auch von Springpferden kennt man solche Fälle – nicht umsonst war der Pferdewechsel im Finale der Springreiter-WM so umstritten, dass er abgeschafft wurde. Spezialfälle sind Pferde die körperlich oder mental überfordert und somit verdorben wurden. Sie sind oft nur noch bei einer bei ganz bestimmten Menschen zur Mitarbeit zu bewegen.
Was aber bedeutet dies nun alles für Pferdebesitzer, die ihr – vermeintliches – Ein-Mann-Pferd gerne mit jemandem teilen möchten, etwa einer Reitbeteiligung? Zwei Tipps sind meiner Erfahrung nach dafür hilfreich: Verabschieden Sie sich von dem Gedanken, nur Sie könnten wirklich gut mit dem Pferd. Und sorgen Sie dafür, dass die Kommunikation Ihrer Reitbeteiligung oder des zweiten Reiters zu Ihrer passt oder möglichst gleicht.