Für das Magazin tierisch geheilt – bei dem ich die letzten vier Jahre Redaktionsmitglied war – habe ich einiges zum Thema Hufgesundheit geschrieben: unter anderem einen Artikel über populäre Irrtümer zum Pferdehuf. Einen Aspekt daraus möchte ich hier näher ausführen.
Zu vielen Missverständnissen rund um die Barhufbearbeitung führt dabei meiner Ansicht nach immer wieder der Begriff Tragrand. Es hört sich ketzerisch an, aber der Begriff Tragrand ist nur ein Name, den Menschen erfunden haben. Die Diskussionen um den Tragrand, das Ausschneiden der Sohle und ihr Mittragen sowie das Tragen des Strahls sind theoretischer Natur. In der Praxis ist nämlich der Boden, auf dem ein Pferd läuft unterschiedlich – von Teer und Beton über Gras, Matsch, Sand, Kies bis hin zu Schotter. Je nachdem, wie der Untergrund beschaffen ist, werden vermehrt der Tragrand sowie der Strahl und schließlich die Sohle mittragen. Auf jedem Boden, der nicht völlig plan oder weich ist – sei es der Reitplatz, ein Kiespaddock oder Wiese – trägt immer die Sohle mit: egal, ob der Huf einen ausgeprägten Tragrand oder eine Mustangroll – also eine stark abgerundete Wand – hat, das Sohlengewölbe flach oder hoch ist.
Ein Pferd, das viel mit weichem Boden zu tun hat – etwa in der Stroh- oder Spänebox, auf der Koppel steht und mäßig auf einem abriebschwachen Hallenboden bewegt wird – entwickelt nach kurzer Zeit einen Tragrand, der einige Millimeter Überstand aufweist (siehe Foto). Nach einer Haltungs- und Nutzungsumstellung in einen Offenstall mit Schotteruntergrund und viel Bewegung auf hartem oder abriebstarkem Boden wird dieser Tragrand völlig verschwinden und nie wieder auftauchen. Jede Form der Barhufbearbeitung muss sich also nicht nur nach dem speziellen Huf, den ein Pferd mitbringt, richten sondern auch nach den Böden, auf denen es sich zumeist bewegt. Jedes Dogma in Sachen Hufbearbeitung – wie etwa immer ganz viel oder absolut gar nichts an der Sohle zu machen oder immer einen Tragrand stehen zu lassen oder gar anzufertigen – führt meiner Beobachtung nach lediglich dazu, dass das Pferd keine gute Barhufleistung zeigen kann. Die besten Barhufbearbeiter, die ich in meiner Praxis erlebe, sind meist erfahrene Schmiede, die viele Barhufer in der Kundschaft und selbst im Stall haben.