Flucht und Kampf im Alltag

Wie Pferde auf Gefahr oder Stress grundsätzlich reagieren können, habe ich im vorherigen Artikel beschrieben. Heute geht es um beispielhafte Situationen von Kampf, Flucht oder Erstarren. Denn es ist wichtig, das jeweilige Verhalten im Umgang und beim Reiten möglichst frühzeitig richtig zu erkennen.

Kampf (Fight) – beziehungsweise der Punkt, an dem es jeweils in die betreffende Richtung umschlägt – ist rot markiert, Flucht (Flight) blau und das Einfrieren (Freeze) in der Farbe Grün.

Wir sehen ein Pferd, das sich beim Aufsteigen vom Reiter wegdreht. Beim ersten Versuch tritt es mit der Hinterhand zwei Schritte zur Seite. Bei den nächsten Malen dreht es sich wie ein Kreisel immer vom Reiter weg. Als dieser einen Helfer holt, um das Pferd auf der anderen Seite zu fixieren, legt das Pferd die Ohren an, schlägt mit dem Kopf und rennt nach vorne weg, sobald der Reiter sich über den Sattel geschwungen hat. Hätte der Helfer das Pferd nicht losgelassen und hätte der Reiter das Pferd nicht nach vorne gehen lassen, wäre die Flucht wahrscheinlich schnell in Kampf umgeschlagen. Denn beim Festhalten durch den Helfer hatte das Pferd einmal bereits deutlich Gewicht von den Vorderhufen genommen.

Ein junges Pferd muss medizinisch behandelt werden. Es ist weder mit dem Angebundensein gut vertraut, noch kennt es, mit Wasser abgespritzt zu werden. Da kein Helfer parat steht, wird das Pferd angebunden. Nach einigen kurzen Trippel-Versuchen, die korrigiert werden, friert das Pferd am Anbinder regelrecht ein. Als es danach weggeführt wird, hat es Probleme, sich auf den ersten Metern auszubalancieren.

Eine solche Situation kann schnell in die eine oder andere Richtung kippen: Das Pferd kann den Hund angreifen – mit den Zähnen oder einem Tritt mit einem Vorderhuf; oder es entscheidet sich für Abzug. Dieser kann mehr oder weniger spektakulär ausfallen. (© M. Großmann, pixelio.de)

Unter dem Sattel steigt das ältere Pferd sofort, wenn der Reiter mit der Hand grob wird. Es tut dies auch, wenn er unbeabsichtigt hängenbleibt. Schafft er es eine gleichmäßige, feine Anlehnung beizubehalten, entspannt sich das Pferd und arbeitet mit tätigem Rücken willig mit. Auch direkt nach einem Steigen lässt sich eine Entspannung sofort wieder herstellen, wenn der Reiter auf seine Zügelführung achtet.

Ein unerfahrenes Pferd soll im Gelände an einer Kuhweide vorbei gehen. Es wird beim beim Anblick der Kühe immer zögerlicher und blockiert schließlich, indem es starr stehenbleibt. Als der Reiter mit den Schenkeln mehr Druck macht explodiert das Pferd in einem Bocksprung auf der Stelle. Danach wirft es sich – mit dem Reiter noch im Sattel – auf der Hinterhand herum und rennt Richtung Stall.

Demnächst wird es darum gehen, wie Sie dem Pferd helfen können, dass es gar nicht erst vor der Entscheidung Flight, Fight oder Freeze steht.