Manch medizinische Studien werfen mehr Fragen auf als sie beantworten. So ging es mir mit einer diesen Sommer veröffentlichten Arbeit aus Großbritannien, die sich damit befasste, wie sich der Druck unter Nasenriemen- und im Genick bei Pferden mit gebisslosen Zäumungen im Vergleich zu Pferden auf Trense verändert, und welchen Einfluss er auf Bewegungsabläufe hat.
Fünf Pferde wurden jeweils drei Tage lang in drei verschiedenen Zäumungen geritten: Wassertrense mit Nasenriemen, Sidepull und Dr.-Cook-Zaum. Die Forscherinnen fanden heraus, dass unter den Nasenriemen des Sidepulls ein höherer Druck war als unter den Nasenriemen des Reithalfters bei der Gebissvariante. Der Druck unter den Nasenriemen bei der gebisslosen Dr.-Cook-Version lag in der Mitte.
Die Studie zeigt laut der britischen Forscherinnen, dass die Zügelkräfte bei den gebisslosen Zäumungen „hoch genug sind, um möglicherweise schädliche Auswirkungen zu haben“. Mir stellt sich dabei Frage, ob man nicht besser einen anderen Schuss zieht. Einen, der naheliegt und den auch die Erkenntnisse aus der Praxis längst gezeigt haben: Nämlich, dass man mit gebisslosen Zäumungen anders zu reiten hat, als mit Gebissen.
Dann müsste der Schluss eher lauten: Wer mit einem gebisslosen Zaum genauso reitet wie mit Gebiss, der wird unter dem Nasenriemen größere Kräfte erzielen. Unter dem Kopfstück gab es keine Veränderungen des Drucks bei den drei untersuchten Zäumungen, was vermuten lässt, dass tatsächlich einfach der bisherige Reitstil unverändert übernommen wurde.
Wie andere Untersuchungen zeigten ist der Zügelzug im Schnitt nie unter ein paar Kilo, zwischen vier und acht Kilo pro Zügel sind eher die Norm als die Ausnahme.*
Insofern ist die Studie für mich ein guter Hinweis und Beweis, den bewährten Praxistipp umzusetzen und gebisslos nicht mit steter Anlehnung zu reiten. Und es ist ein guter Hinweis, auch mit Trense feines Reiten zu lernen, denn der Zügelzug kommt dabei – das sollte man nicht vergessen – vor allem im Maul an.
* „Wie spürt das Pferd den Zügel?“ Zum Herunterladen finden Sie hier den Artikel der Wissenschaftlerin Kathrin Kienapfel.