Ich erinnere mich noch mit Schrecken daran, als wir Reitschüler uns gegenseitig die Blasen an unseren Händen zeigten, wenn wir mal wieder unsere Handschuhe vergessen hatten. Heute reite ich nur bei massiven Minusgraden noch mit Handschuhen.
In den rund 40 Jahren die seitdem vergangen sind haben sich vor allem zwei Dinge diesbezüglich verändert: Ich habe jetzt einen zügelunabhängigen Reitersitz und eine feine Hand. Ich reite leider nicht so gut, wie ich es mir wünsche, und das wird vermutlich in diesem Leben auch nichts mehr. Aber eines weiß ich: Ich brauche keine Handschuhe, um meine Hände beim Reiten zu schonen*.
Fragt man Reiter, warum sie Handschuhe beim Reiten benutzen, hört man in der Regel eine oder mehrere der folgenden Begründungen: Man bekommt keine Blasen, Scheuerstellen oder Hornhaut, Ringe scheuern nicht oder die Zügel rutschen nicht, wenn sie durch Regen oder Schweiß nass werden.
Ja, aber: Blasen und offene Stellen bekommt man nicht von den Zügeln, sondern von zu viel Gewicht in der Hand. Ringe kann man abnehmen. Und ich kann auch nicht sagen, dass ich mit den schlichten Lederzügeln bei Regen jemals Probleme hatte. Zudem ginge auch hier jedem Rutschen eigentlich ein Zuviel an Gewicht voraus, womit wir wieder beim ersten Punkt wären.
Es ist mir herzlich egal, ob jemand mit Handschuhen reitet oder ohne. Worum es mir geht ist der Punkt, dass man meint, Handschuhe lösten ein Problem, das nur durch eine gute Ausbildung zu beheben ist.
Das Hauptargument für bloße Hände lautet in der Regel: Man spüre mehr. Es ist kein Argument, das ich benutze, aber ich weiß, dass man in manchen Handschuhen mehr spürt als in anderen: Es kommt dabei nicht nur auf das Material und seine Stärke an, sondern auch auf die Passform.
Das witzigste Argument pro Handschuh beim Reiten – und gleichzeitig das meiner Ansicht nach schlagkräftigste – ist übrigens: „Dann bin ich nicht so in Versuchung ständig ans Smartphone zu gehen.“ Das schrägste Argument gegen Handschuhe: „Meine Hände werden dann nicht braun.“ Wobei es da wohl auch UV-durchlässige Alternativen gibt.
Abschließend noch ein Wort zu den Lederzügeln: Ich schätze daran, dass sie schmaler sind als Gurtzügel. Man tut sich wesentlich leichter, eine korrekte, funktionale Zügelfaust zu machen.
* Beim Longieren und bei einigen anderen Gelegenheiten nutze ich Handschuhe.