Neuro-Athletik-Kurs (3)

Ich hatte mit der Neuro-Athlektik-Trainerin Carina Patzer einen Kurs organisiert und wollte mehr wissen. Hier beginnt das Interview, hier sind meine Erfahrungen und jetzt geht es weiter, mit Carinas Antwort auf die Frage, warum die Folgen von Gehirnerschütterungen, also das Post Concussion Syndrome (PCS) bei jedem Einzelnen so unterschiedlich sind …

Carina, in unserem Kurs hatten alle Hinweise auf eine Gehirnerschütterung/PCS. Die Übungen die jede einzelne bekam unterschieden sich aber stark. Woran liegt das?
Carina Patzer: Das hat tatsächlich sehr viele Gründe. Einer wäre, dass jedes Nervensystem natürlich hochindividuell ausgebildet ist. Außerdem liegt das Vorgehen auch einfach in der Schwere der jeweiligen Verletzungshistorie begründet. Sehr stark vereinfacht kann man sagen, das Gehirn erlaubt Bewegungen/Vorgänge, wenn es sich sicher fühlt. Es schränkt uns ein, wenn es denkt, die Situation wäre potentiell gefährlich für seinen Besitzer. Und wenn ihm alles zu viel wird, drückt es den Not-Aus. Das ist das Symptom, das es am besten beherrscht und den Besitzer zuverlässig „ausschaltet“ bzw. stark herunterfährt, z. B. durch Schmerzen, Migräne, Schwindel, Erschöpfung, you name it. Bei jemanden mit PCS ist diese Grenze schneller erreicht. In der Neuro-Einheit möchte ich Grenzen ausweiten, sie zu übertreten wäre kontroproduktiv. Wir Menschen können unheimlich viel kompensieren und jede/r hat ein gewisses Kontingent zur Verfügung bis sein Gehirn den Not-Aus drückt. Ich vergleiche das gerne mit einem Glas Wasser. Alles was das Gehirn als Bedrohung erachtet, gibt einen Schluck Wasser in das Gefäß. Wird es dauerhaft weiter gefüllt, läuft es irgendwann über. Dann haben wir keine Kapazität mehr um zu kompensieren. Dem Gehirn wird alles zu viel. Der Not-Aus wird aktiviert. Das Ziel in meinen Trainings ist es, das Glas zu leeren, indem ich die neurologischen Komponenten reduziere, die das Hirn als Bedrohung wahrnimmt. Dazu arbeite ich vor allem mit dem visuellen, dem Gleichgewichts- und dem propriozeptiven (= Körperwahrnehmung) System. Mein Fokus liegt also darauf, das individuell gefüllte Wasserglas jedes/r Einzelnen abzuschöpfen. Der positive Nebeneffekt ist: Wessen Gehirn nicht dauernd auf Überlebensmodus läuft, der findet auch leichter Lösungen für andere Herausfordungen des Lebens.

So wie ein Wasserglas überläuft, kann unser Gehirn irgendwann nicht mehr kompensieren, wenn die Anforderungen zu viel werden. (© C. Patzer)

Was fasziniert dich an Neuro-Athletik am meisten?
Carina Patzer: Das Gehirn steuert ALLES! Es berührt mich jedes Mal, wenn ich im Nachgang die dankbaren Erfolgsgeschichten der KursteilnehmerInnen lese. Gerade wenn ihre Lebensqualität vorher umfassend eingeschränkt war. Wir arbeiten im Training ja immer an einem konkreten Ziel. Da freut es mich unendlich, wenn ich danach höre, welche positiven Effekte ihnen zusätzlich im Alltag aufgefallen sind.

Danke Carina! Wer von den Erfolgen erfahren möchte, die in und nach dem von mir organisierten Kurs stattfanden, der liest den nächsten Beitrag …