Verschleiß für die Gelenke, für Sehnen und Bänder – gerade für junge Pferde ist das Longieren alles andere als ideal. Darum würde ich inzwischen nur noch andere Wege wählen, das Pferd aufs Gerittenwerden vorzubereiten.
„Longier die halt’ ab“, war in der Regel der Kommentar, wenn meine junge Stute bei den ersten Malen in der ungewohnten Halle an der Hand offensichtlich unruhig wurde. Nein, warum sollte ich? Und was lernt das junge Pferd dort? Sie hätte sich, wenn ich sie in ihrer Aufregung an die Longe gehängt hätte, nur noch mehr aufgeregt. Statt sich im Schritt aufzuwärmen, wäre sie ohne Balance an der Longe gestürmt und hätte niemals im seelischen Gleichgewicht die lange Leine verlassen. Selbstverständlich bekommt man das in der Regel nicht mehr mit, denn die jungen Pferde werden schnell müde.
Der Grund, warum sie anfangs überhaupt in der Halle gestresst war: Ich hatte sie komplett im Gelände angeritten. Mit einem ruhigen Verlasspferd an ihrer Seite, das sie schon von Handpferde-Ausritten kannte. Damit, sowie mit Spaziergängen und dem Mitlaufen an der Kutsche, war sie muskulär und konditionell aufs Anreiten vorbereitet worden. Mit Bodenarbeit und Abkauübungen hatte ich ihr zusätzlich die Grundlagen der reiterlichen Hilfen gezeigt.
So kam es, dass ich vom ersten Aufsitzen an ein nahezu gelände- und verkehrssicheres Pferd hatte, das mit dem Reitergewicht spielend zurechtkam. Erst nach etwa zwei Monaten unter dem Sattel fuhr ich das erste Mal mit ihr auf eine Anlage und zeigte ihr dort (zusammen mit dem gewohnten Verlasspferd) Reitplatz und Halle, auch unter dem Sattel.
Ich bin nicht gegen Longieren, wie ich bereits in oben verlinktem Artikel geschrieben hatte. Aber ich würde nie wieder ein Pferd zum Anreiten anlongieren. Das kann warten. Am besten so lange, bis das Pferd gelernt hat – durch Bodenarbeit oder durchs Reiten – sich gesund und gelenkschonend auf einer Zirkellinie zu bewegen. Dazu gehört, dass es lernt, die innere Schulter anzuheben und mit dem inneren Hinterbein Last aufzunehmen. Dann kann longieren – ohne stürmen, verwerfen oder festmachen – verschleißfrei Spaß machen und wertvoller Ausgleich sowie effektives Training sein. An der einfachen Longe genauso wie an der Doppellonge.