Als ich den Titel las, war ich sehr gespannt auf den Inhalt des Buches. Der für mein Empfinden moralinsaure Untertitel – „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ – hat mich eher wieder abgeschreckt. Aber ich habe das Buch* dann doch in die Hand genommen und das war aus verschiedenen Gründen nicht schlecht.
Vorab ein paar Worte über das Autorenteam: Barbara Welter-Böller betreibt eine Fachschule für osteopathische Pferdetherapie, Maximilian Welter ist Tierarzt und ebenfalls Pferdeosteopath und Claudia Weingand ist Lektorin und Chefredakteurin bei Cadmos und angehende Pferdeosteopathin.
Laut Verlag werden Barbara Welter-Böller und Maximilan Welter in diesem Buch von Claudia Weingand „zu den typischen Behauptungen rund um Reiten, Longieren und Ausbildung interviewt und räumen mit verstaubtem Wissen auf.“
Was mir an dem Buch gefällt:
- Es hat das Ziel, Pferdemenschen zu besseren Reitern, Ausbildern und Trainern zu machen.
- Es erklärt viele Zusammenhänge von Anatomie und Biomechanik, die für das Training von Pferden wichtig sind, gut nachvollziehbar.
- Es hat einige Punkte angesprochen, über die ich bislang nicht nachgedacht hatte und die für mich Sinn machen, etwa die Probleme von Laufbändern.
Was mir an dem Buch nicht zusagt:
- Manche Themen werden als Irrtum verpackt, obwohl sie letztendlich keiner sind. So ist es für den Pferdebesitzer meiner Ansicht nach nicht wirklich wichtig, bis in die letzte Faser zu wissen, welche Muskeln unter dem Sattel genau atrophieren. Wichtig ist stattdessen herauszufinden, ob es vom Sattel oder vom Reiten kommt.
- Manche der gezogenen Schlüsse halte ich für falsch oder fragwürdig. Die Theorie mit dem Blinddarm als Ursache für die natürliche Schiefe etwa, ist für mich nicht nachvollziehbar.
- Einige Stellen sind für mich aus reiterlichen Gründen nicht schlüssig. So lässt sich der „Irrtum“ mit dem Bauchpendel für die Schenkelhilfe allein durch die am Schluss geäußerte Vermutung, es brauche wahrscheinlich dafür einen entspannten Sitz, ursächlich erklären.
Mein Fazit: Eine durchaus spannende Lektüre für alle, die sich mit Biomechanik, Trainingslehre und Anatomie eingehender befassen möchten. Und auch geeignet, viele der Phrasen, die derzeit über Ausbildung und Training von Pferden kursieren, und die den Pferden schaden können, aus der Welt zu räumen. Die Autoren schreiben im Vorwort: „Wir wollen unsere Leser zum Denken, Diskutieren und Hinterfragen anregen und sind uns im Klaren, dass manche unserer Erkenntnisse in wenigen Jahren ebenfalls überholt sein werden.“ Ich bin sicher, dass speziell solche kritischen Leser das meiste aus dem Buch mitnehmen können.