Wir Pferdebesitzerinnen sind Kummer gewöhnt. Ständig kann etwas sein mit den lieben Vierbeinern: War das Anweiden wirklich vorsichtig genug? Wird es sich mit dem neuen Pferd in der Herde vertragen? Von Rittigkeitsproblemen wegen nicht mehr passender Sättel über unerwartete Koliken und Lahmheiten bis …
… hin zu schweren Verletzungen unter Koppelpartnern liegt die täglich mögliche Bandbreite der zu erwartenden Katastrophen – wenn schon nicht beim eigenen, dann hat man es bei den Pferden der Miteinstellerinnen vor Augen.
Eines aber hat man bei Pferden heutzutage kaum noch zu befürchten, nämlich dass sie einfach weg sind. Auch Meerschweinchen oder Hunde verschwinden in der Regel nicht, ohne dass man den Hauch einer Idee hat, was mit ihnen passiert sein könnte. Das ist etwas, das Katzenmenschen vorbehalten ist. Es eint uns die Gewissheit, dass dies das Schlimmste ist, womit man bei Freigängern umgehen muss: Wenn sie nicht wiederkommen, bleibt zumeist nur die Ungewissheit.
Meine Lieblingshilde hat mir das dieses Frühjahr beschert. Vier Wochen war sie weg. Vier Wochen und ein Tag waren die Hölle. Ich suchte, pfiff und rief, informierte die Nachbarn, öffnete Schuppentüren und kontrollierte Straßengräben.
Folgender Dialog mit Freundinnen war das Mantra dieses mörderisch anstrengenden Monats: „Es sind schon viele Katzen sogar nach etlichen Wochen wiedergekommen.“ „Ich wette nicht dagegen, aber ich glaube nicht daran.“
Warum sie jetzt wieder da ist? Das verdanke ich der Abneigung meines Vaters gegen sein Hörgerät. Bei seinem Besuch überredete ich ihn zu einem kurzen Spaziergang. Das Gespräch war laut genug, dass die Katze uns hörte und wir waren so langsam, dass sie sich bis vor an die Straße arbeiten konnte – im Kanalsystem des Oberflächenwassers, in dem sie wohl seit genau vier Wochen und einem Tag feststeckte.
Als ich ein leises Maunzen vernahm, vermutete ich eine angefahrene Katze unter einem Strauch. Zwei Maunzer später stellte ich fest, dass unter dem Schlitzkorb eine Katze saß. Gulli-Gitter und Korb wegnehmen, der vermeintlich fremden Katze den Weg freimachen und … Überraschung!
Katzen sind in Sachen Resilienz nicht von diesem Stern, das bleibt festzuhalten. Sie hat natürlich viel Gewicht verloren und im Rohr ist ihre Hinterhandmuskulatur stark atrophiert – ansonsten hat sie die Tortur wirklich gut überstanden. Ich habe deutlich länger gebraucht, mich wieder zu entspannen …