In letzter Zeit ist viel die Rede von getreidefreier Fütterung. Dabei fallen mir immer wieder zwei Dinge auf: Es wird nicht unterschieden zwischen Unverträglichkeit und allergischer Reaktion und … anscheinend ist Reis kein Getreide.
Die Begriffe Allergie und Unverträglichkeit werden von vielen Menschen als gleichbedeutend verwendet. Aus medizinischer Sicht besteht allerdings ein Unterschied. Denn bei einer Allergie handelt es sich um eine Überreaktion des Immunsystems, die völlig andere Prozesse im Körper ablaufen lässt als eine Unverträglichkeit. Bei einer Allergie auf ein Nahrungsmittel genügen geringste Spuren, um allergische Reaktionen auszulösen. Die Abwehrmechanismen laufen auf Hochtouren. Bei einer Unverträglichkeit können Symptome auch erst nach einer größeren Menge des Nahrungsmittels auftreten.
Warum ist die Unterscheidung wichtig? Derzeit stellt man fest, dass viele Pferde angeblich unter einer Getreideunverträglichkeit leiden. Es wird viel Geld in Futtermittel gesteckt, die diese Unverträglichkeit abfangen sollen – in zunehmendem Maße ist das unterschiedlich aufbereiteter Reis und Reiskleie. Nun ist Reis ja auch Getreide. Korrekter wäre, es also glutenfrei zu nennen. Beim Menschen boomt derzeit das Geschäft mit glutenfreien Lebensmitteln. Die tatsächlich Betroffenen sind laut Tests wesentlich weniger, als angenommen. Meist liegt eine Unverträglichkeit auf andere Stoffe, häufig auf Geschmacksverstärker, vor. Weil davon in glutenfreien Lebensmitteln oft weniger enthalten sind, und es sich eben nicht um eine Allergie handelt, helfen diese dann scheinbar. Auf lange Sicht allerdings wird der Körper letztendlich weiter strapaziert.
Schaut man sich diese Geschichte nun übertragen aufs Pferd an dann fällt auf, dass es laut den Berichten der Besitzer tatsächlich vielen Tieren ohne Getreide oder mit Reis als Krippenfutter besser geht. Aber das würde es vermutlich auch, wenn auf alle Zusatzstoffe, mit denen Kraftfutter häufig verkleistert werden, wegfielen und man dem Darm Zeit gäbe, sich zu erholen. Traditionelles Pferdefutter wie Hafer und Gerste hat übrigens einen niedrigen Glutengehalt, Mais ist wie Reis glutenfrei.Wer als Pferdebesitzer auf Reis umsteigen möchte sollte wissen, dass dieser außer Kohlenhydraten nicht mehr viele Nährstoffe enthält. Alles, was etwa ganzer oder frischer Quetschhafer an Biotin und Protein enthält, muss beim Reisfutter – egal ob fertig gekauft oder selber gekocht – künstlich zugesetzt werden.
Meine Theorie in dieser Sache: Die meisten Pferde haben – wie die meisten Menschen – keine Glutenunverträglichkeit sondern reagieren auf andere Stoffe in den Futtermitteln – auf Zucker, auf Verunreinigungen, auf Konservierungsstoffe. Eventuell ist der Magen oder der Darm auch aus anderen Gründen vorbelastet. Auch eine Fallstudie zeigte nur bei einem von zwölf Pferden mit Darmentzündungen und Symptomatik in Form von Koliken und Durchfall einen Hinweis auf mögliche Glutenproblematik.