Viele Pferdebesitzer fangen erst an über den Beschlag nachzudenken, wenn die Hufe bereits in Mitleidenschaft gezogen sind. Wenn kein Eisen mehr hält, oder Sehnen, Bänder und Knochen Schaden genommen haben. Dann wird Barhuf oft als letzte Therapiemöglichkeit in Betracht gezogen. Wer meint, das sei ein neuer Trend, der täuscht sich …
Das zeigt ein Blick in das Buch „Bein- und Hufleiden der Pferde“ von Oberst Peter Spohr, der den Gedanken vor 100 Jahren bereits propagierte: „Im Ganzen bildet das Barfußgehen die Quintessenz jeder richtigen Huf- und Beinkonservierung und wird später noch als wesentliches Glied der Heilmethode fast aller Hufübel Erwähnung finden.“ Doch warum ist das so?
„Die häufigsten Schädigungen des zu frühen Gebrauchs (von Eisen) betreffen die Wirbelsäule und den Hufrollenapparat“ so Tierarzt Wilhelm Blendinger in den 1980-er Jahren. Die Hufe werden durch den Beschlag in ihrer Entwicklung gehemmt, zudem neigen viele Reiter dazu, ein beschlagenes Pferd zu früh übermäßig anzustrengen. Blendinger empfiehlt daher Pferde frühestens mit fünf Jahren beschlagen zu lassen. Später wäre aus heutiger Sicht noch besser, denn man weiß nun, dass sich etwa das Strahlpolster erst mit etwa sieben Jahren zu seiner vollen Stärke ausbildet. Ein Huf und die ihm inneliegenden Strukturen können sich – je nach Grad der Schädigung – aber wieder erholen.
Viele Tierärzte empfehlen bei nahezu jeder Art von Huf- oder Beinproblematik immer noch Sonderbeschläge wie Schenkel- oder Eiereisen oder orthopädische Beschläge. Dennoch machen immer mehr Pferdebesitzer, die auf Barhuf umstellen, die Erfahrung, dass viele Pferde dadurch wieder besser laufen oder erst wieder ins Laufen kommen. Das ist so, da viele Probleme erst durch den Beschlag möglich oder durch ihn verschärft wurden. Denn alle Hufe verändern sich im Laufe des Beschlagenseins und innerhalb einer Beschlagsperiode. Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen, der Huf wird meist enger, flacher und die Durchblutung wird stark eingeschränkt.
Meine erste Begegnung mit einem Barhuf-Pferd hatte ich vor etwa 15 Jahren auf einer Jagd. Mir gefiel die kleine dunkelbraune Stute ausgesprochen gut; die Elastizität ihrer Bewegungen, ihre Frische und Energie. Gegen Ende fiel mir auf, dass das Pferd nicht beschlagen war. Klar, dass ich die Reiterin ansprach. Die Antwort konnte ich damals fast nicht glauben: Das Pferd war bereits zwanzig und lief erst seit dreieinhalb Jahren barhuf, nachdem es vorher wegen immer wiederkehrender Lahmheit fast schon in die ewigen Jagdgründe geschickt worden wäre.