Das Ehepaar-Syndrom

„Darf ich mal?“, fragte mich eine Ausbilderin vor etwa zehn Jahren und nahm mir meinen Wallach weg, um ihn mir nach einer halben Minute mit einem Grinsen und den Worten „ist nur eine Ehestandsproblematik“ wieder in die Hand zu drücken. Dem Fragezeichen in meinem Gesicht antwortete sie dann folgendes …

Sie sei sich nicht ganz klar darüber gewesen, ob das Pferd die Hilfengebung noch nicht verstanden habe. Meine Hilfengebung – es ging um Seitengänge an der Hand – wäre korrekt gewesen, aber das Pferd hätte dennoch nicht entsprechend reagiert. Bei ihr hingegen hatte er das Gewünschte sofort umgesetzt. Daraus folgerte sie die von ihr so entzückend verpackte „Ehestandsproblematik“.

Was sie genau damit meinte war folgendes: Wenn man sich besonders lange und gut kennt, reagiert man manchmal nicht mehr, wie die Situation es tatsächlich verlangt, sondern gemäß einem Schema, das man sich – oft über Jahre – angewöhnt hat. Wie in einer Ehe. (Wer sich oder andere nun im Geiste die berühmten Sätze „Immer bist du …, machst du …, hast du …“ sagen hört: Das ist genau das Fundament für solche Momente wie eingangs beschrieben.)

Was trägt dazu bei, eine solch unerwünschte Haltung zu vermeiden?

(©) Johannes Munz, Wikipedia)

Lassen Sie möglichst keine Langeweile aufkommen. Vorschläge habe ich hier bereits gemacht. Suchen Sie auch für sich die Abwechslung oder lassen Sie auch mal jemand anderen auf ihr Pferd. Besonders letzteres kann Erstaunliches bewirken, wie ich selber häufig schon feststellen konnte. Und dabei geht es nicht darum, dass jemand, der besser reitet oder etwas anderes besser kann als Sie, mit dem Pferd arbeitet.

Stichwort „besser“: Es schadet natürlich auch ganz und gar nicht, dazuzulernen und Neues zu lernen um Langeweile mit dem eigenen Pferd zu vermeiden. Holen Sie sich also Input, nehmen Sie Unterricht oder holen Sie sich Ausbilder für einen Lehrgang auf den Hof.

Böse Zungen sagen nun zu Recht, ich habe doch in dem Moment als die Ehestandsproblematik sich zeigte, an etwas Neuem gearbeitet. Das ist richtig. Aber der Lernerfolg bestand an diesem Tag nicht nur in einer schönen, vom Boden dirigierten Traversale, sondern auch darin, mich zu erinnern, dass dieses Pferd dazu neigt, zu versuchen sich zu drücken, auch wenn ich nichts verkehrt mache …

Die Lösung für ihn und mich, um solche Situationen zu vermeiden, ist übrigens eine bessere Vorbereitung.

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