Den Rückwärtsgang finden

Neulich fragte ein Spaziergänger, als er mich im Gelände beim Rückwärtsrichten sah: Wieso braucht man beim Pferd einen Rückwärtsgang? Äh, wenn ich versehentlich zu weit in eine vielbefahrene Kreuzung hineingeritten bin … nein, ich hab’s natürlich richtig erklärt.

Rückwärtsrichten fördert und erhöht vor allem die Durchlässigkeit. Was passiert beim Rückwärtsrichten? Auf biomechanischer Ebene beugt das Pferd verstärkt die Gelenke der Hinterhand. Aus psychomotorischer Sicht macht es das Pferd gehorsamer. Denn rückwärts zu gehen ist im Miteinander von Pferden eine Respekts- oder Demutsbezeugung (je nachdem welche Situation vorausging und welche körpersprachlichen Elemente dabei noch gezeigt werden).

Je nach Modell ist der Rückwärtsgang anfangs gar nicht so leicht zu finden. (© Liftarn, Wikipedia)

Je nach Modell ist der Rückwärtsgang anfangs gar nicht so leicht zu finden. (© Liftarn, Wikipedia)

Korrektes Rückwärtsrichten macht ein Pferd aber auch stolzer, erhabener und kann das Selbstbewusstsein steigern. Denn es führt dazu, dass das Pferd sich im Widerrist anhebt und fördert damit die relative Aufrichtung sowie die Versammlung. Korrekt heißt: Das Pferd bleibt leicht in der Hand und tritt willig zurück. Weder verkriecht es sich und rennt rückwärts noch hebt es sich heraus oder drückt den Rücken weg.

Zu einem korrekten Rückwärtsrichten kann man auf unterschiedlichen Wegen kommen. Bodenarbeit und reiten mit leichten Hilfen sind dienlich. So kann es hilfreich sein, dem Pferd an der Hand zu zeigen, wie es geht und auch ein Stimmkommando zu installieren. Anhalten und rückwärtsrichten am Hang – zuerst mit der Nase nach oben, später rückwärts einen (anfangs nicht zu steilen) Hang hoch, helfen, den ganzen Bewegungsspielraum dieser Lektion für die Wahrnehmung des Pferdes auszuloten. Zudem ist es ein schonendes Krafttraining, dass vor allem die Skelettmuskulatur anspricht.

Später kann man auch unter dem Sattel bergab und -auf rückwärtsrichten. Letzteres sowie das Rückwärtsrichten über Stangen erhöht den gymnastischen Effekt noch einmal enorm. Wer kann, sollte deshalb unbedingt auch im Schultervor, Schulter- und Kruppeherein rückwärtsrichten. Es muss ja nicht gleich eine Schaukel sein.