Eine Ära ist zu Ende

Ich weiß, ich weiß, große Worte. Aber so empfinde ich es eben. Er war mein erstes Pferd, ich habe fast 26 Jahre mit ihm verbringen dürfen, und nun ist er gegangen – so wie er im Leben war, so war er im Sterben. Das war mir zwar schon vorher klar, aber er hat mich dann doch noch einmal überrascht …

Das hat er regelmäßig geschafft – immer im Positiven, auch wenn das fast unmöglich erscheint.

„Das ist ein richtig Netter“, soll sein Züchter gesagt haben, und dass er nicht alle behalten könne. Das sollte dann auch sein Name widerspiegeln. Er hatte keinen, als ich ihn dreieinhalbjährig kaufte – er war halt der Lordron B, wie das bei Züchtern üblich ist.

Springen tat er gern und gut: halb Holsteiner, halb Traber, der er war. (© A. Licht)

Als ich ihn damals Levin taufte – aus dem Althochdeutschen für „liob“ (Lieber) und „wini“ (Freund) ahnte ich nur, dass das passen könnte. Heute wüsste ich nicht, wie er diesem Namen noch gerechter hätte werden können.

Er hat mir reiterlich unglaublich viel beigebracht (und nicht nur mir). Er war für alles zu haben – wobei seine (und unsere gemeinsame) Leidenschaft im Gelände lag. Nie werde ich vergessen, wie er, als wir auf der Cross-Strecke am Chiemsee waren, immer von selber loslegte, nachdem klar war, welches Hindernis die Trainerin auf ihrem Fahrrad als nächstes anpeilte.

Als Autorin hat er mich ebenfalls inspiriert – gleich zwei Buchtitel ziert er.

Er hat mich auf meinen Weg als Therapeutin gebracht – denn als er achtjährig alleine auf der Koppel zurückgelassen wurde, holte er sich einen Sehnenschaden. Er hat mich als Autorin angeschoben – ohne ihn gäbe es weder meine Bücher noch diesen Blog, dessen Gesicht er übrigens ist. Sein ausdrucksstarker Blick kam zustande, als mein Bruder mich für Porträts fotografierte und ich dabei von einem Stuhl fiel (fragen Sie nicht!).

Er war das beste (erste eigene) Pferd, das man sich vorstellen kann. Als ich ihn das erste Mal ritt, begleitete ich eine Bekannte auf der Suche nach Nachwuchs für den Parcours. Sie wollte ihn nicht, aber ich wollte nicht mehr runter. Das Gefühl im Sattel ließ sich nämlich nur mit „Zuhause“ beschreiben.

Trotz seiner gesundheitlichen Baustellen ist er gut gealtert – das haben nicht viele für möglich gehalten. Bis zum letzten Tag galoppierte er gut gelaunt mit seinen beiden Stuten auf die Koppel, zog auf dem Paddocktrail seine Runden und war geistig so wach, dass ich wirklich Abbitte leisten musste, da ich ihn die ersten Jahre nicht für die hellste Kerze auf der Torte gehalten hatte. Was wahrscheinlich einfach nur heißt, dass ich es nicht sehen konnte.

Viele Geschichten habe ich schon von ihm erzählt – einige der besten Mr.-Ed-Beiträge und Stallgeschichten handeln von ihm – und ich könnte noch so viel mehr berichten. Ganz sicher mache ich das in Zukunft auch noch.

Danke Levin, dafür wie du mich begleitet hast, und danke von ganzem Herzen, wie du dich von mir hast begleiten lassen – die ganzen Jahre über und in den letzten Stunden und den finalen Minuten.