Die Tage sprach ich mit einer Reiterfreundin darüber, dass wir Deutschen für unseren Sozialneid bekannt sind. Klar, dass wir auch auf das Thema kamen, wie sich das im Reitstall auswirkt.
„Neid entsteht, wenn jemand anderes über Eigenschaften, Fähigkeiten oder Besitztümer verfügt, die man selbst gerne hätte, aber nicht erlangen kann“, fassen die Autoren eines Beitrags für die Bundeszentrale für politische Bildung zusammen. Auslöser sei dabei stets der soziale Vergleich, „genauer: der unvorteilhafte Aufwärtsvergleich“ – der bessere Reiter, das teurere Pferd, die stärkere Bindung, mehr Turniererfolge, mehr Zeit für das Hobby … – die Bandbreite ist ebenso groß wie die Folgen: schlechte Stimmung, üble Nachrede, zerschlitzte Sättel.
Dabei geht leicht unter, dass Neid durchaus zwei Seiten haben kann: Dem althochdeutschen Wort „Nid“ folgten im Mittelhochdeutschen die Zusätze „uebeler“ und „guoter Nit“. Die psychologische Emotionsforschung kennt letzteres heute als konstruktiven Neid. Denn Neid ist vor allem dann eine negative Emotion, wenn er eine selbstzerstörerische Tendenz hat; wenn er vom Betroffenen selbst als unangenehm empfunden wird.
Viele kluge Menschen haben sich über Neid so ihre Gedanken gemacht: Der amerikanische Autor Joseph Epstein bezeichnet den Neid als die einzige unter den sieben Todsünden, „die gar keinen Spaß macht“. „Wer neidet, der leidet“, brachte der Immunbiologe und Aphoristiker Dr. med. Gerhard Uhlenbruck es auf den Punkt. Und der humoristische Dichter und Zeichner Wilhelm Busch schrieb: „Der Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung.“
Das wirkt so, als ob er den „guoten Nit“ durchaus im Hinterkopf hatte. Wer spürt, dass er jemandem etwas neidet, hat mehrere Möglichkeiten: Fragen Sie sich ob Sie mit dem, was Sie jemandem neiden, wirklich glücklich wären. Würde es zu Ihnen passen? Wer wären Sie mit dieser Fähigkeit oder mit diesem Besitz? Wie hätten Sie sich tatsächlich entwickelt? Wollen Sie es immer noch? Oder gibt es etwas, das besser zu Ihnen passt? Wie können Sie dieses Ziel erreichen?
Konstruktiver Neid zeigt Anerkennung und damit innere Größe. Oder er spornt zum Erreichen der eigenen Ziele an. Denn ich bin überzeugt, dass das erste Zitat eigentlich enden müsste: „aber meint, nicht erlangen zu können“. Man kann „uebelen“ in „guoten Nit“ verwandeln, indem man sich bewusst macht, was die eigenen Ziele sind. Wie man das macht, dazu findet man viele Übungen auch im Netz. Welche davon geeignet sind, sie in punkto Pferd und Reiten anzuwenden, in Kürze, bis dahin können Sie schon mal die hier versuchen.