Ein gutes Händchen: Teil 2

Wie angekündigt, mehr über die Reiterhände. Im ersten Teil ging es um die aufrechten Zügelfäuste. Was wird noch gefordert? Und warum?

Die Zügel laufen zwischen dem kleinen und dem Ringfinger in die Hand hinein und zwischen Zeigefinger und Daumen wieder hinaus. Das Ganze bei geschlossener Zügelfaust. Dabei drücken die „mäßig gekrümmten Daumen“, wie die Richtlinien* schreiben, die Zügel auf den Zeigefinger. Ein Satz, drei Fragezeichen? Was bedeutet „geschlossen“ genau und warum diese Forderung? Und wieso „mäßig gekrümmt“ wenn man sonst überall vom Daumen gefordert wird „wie ein Dach“ oder sogar „spitzdachförmig“ zu sein?

Eine geschlossene (oben) und eine offene Zügelfaust (unten). (© C. Götz)

Eine geschlossene (oben) und eine offene Zügelfaust (unten). (© C. Götz)

Aber der Reihe nach: Die Forderung nach der geschlossenen Faust hat mehrere Hintergründe. Bei geöffneter Faust kann der Reiter in der Regel das gewählte Zügelmaß nicht halten, denn der Ringfinger wird dann leicht vorgezogen (siehe Foto). Man neigt dann entweder dazu, die Oberarme hinter die Senkrechte oder die Hände an den Bauch zu ziehen. Auch versteift das Handgelenk, wenn man bei offenen Zügelfäusten Paraden geben möchte oder der Druck auf dem Zügel stärker wird.

Was aber hindert einen Reiter, seine Fäuste geschlossenen zu tragen? Meiner Erfahrung nach: Die falsche Ausrüstung, konkret – zu dicke oder breite Zügel. Vor allem Kinder, die mit handelsüblichen Gurtzügeln reiten lernen, bekommen die Hände fast nicht zu. Eine Gerte – vor allem von Anfang an, immer nur in derselben Hand getragen – wird ebenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Erlernen einer korrekten Handhaltung erschweren. Auch Pferde, die gegen den Zügel gehen oder gelernt haben, sich darauf zu legen, erschweren dem lernenden Reiter eine korrekte Zügelfaust.

Das Gleiche gilt im Grunde genommen auch für die Anweisung mit dem Daumendach: Je mehr Material ich in der Hand habe, umso flacher wird der eigene Daumen auf dem Zügel sitzen. Ich habe für eine Frau relativ große Hände und bin dennoch zügeltechnisch erst glücklich, seit ich nur noch mit recht schmalen, dünnen Lederzügeln reite – jede Disziplin, bei jedem Wetter.

Denn die Hauptforderung sollte meiner Ansicht nach sein: Die Zügelfaust so schließen zu können, dass sowohl das Handgelenk elastisch als auch die Finger beweglich bleiben. Wer ausprobieren möchte, wie das geht, soll einfach mal die falsche Handhaltung bewusst testen: den Daumen flach machen, die Faust nicht ganz schließen und dann versuchen, die Handgelenke zu bewegen. Und jetzt mal in der korrekten Variante …

Für die Finger ist folgende Übung schön: Geschlossene Zügelfaust bei durchlaufendem Zügel und nun sich vorstellen der Zügel wäre eine Zitrone, die es von unten nach oben auszudrücken gilt. Mit dem kleinen Finger anfangen, dann den Ringfinger und so weiter, bis oben hin zum Daumen. Wenn das nicht geht ist die Zügelfaust schon vorher verkrampft oder verspannt gewesen. Mehr demnächst.