In eigener Sache: Gendern total

Liebe Leserinnen, ich habe mich entschieden, ab sofort hier im Blog nur noch die weibliche Form zu nutzen. Den Anstoß dafür – oder besser: der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte – waren die Reaktionen der männlichen Leserinnen der Zeitschrift journalist/journalistin, auf den Start der (sehr soften) Genderisierung des Magazins.

„Würdet ihr allerdings durchgängig gendern, würde ich mein Abo kündigen“, schreibt einer, ein anderer nennt das im Heft angewandte Gendersternchen eine „Infantilisierung von Sprache“, und reagiert auf die Tatsache, dass die eine Hälfte der Hefte auf dem Titel journalist, die andere Hälfte journalistin gedruckt* hat, so: „Hallo! Geht’s eigentlich noch?“ Ja, es geht. Es geht sogar noch besser:

Die konsequenteste und logischste Umsetzung einer gendergerechten Sprache wäre, einfach durchgängig die weibliche Form** zu verwenden. Mir persönlich ist es eigentlich völlig egal, ob ich als Frau angesprochen werde oder nicht. Egal, ob da Reiterin, Reiter, Leser oder Zuschauerin steht – ich entscheide, ob ich mich angesprochen fühle oder nicht. Dachte ich bisher!

Die Reaktionen der männlichen Leserinnen meiner Verbandszeitschrift*** zeigen mir aber, wie notwendig es ist, das Gendern überhaupt, bzw. noch konsequenter einzusetzen. (Nicht dass ich wesentlich andere Reaktionen, als im Editorial und bei den Leserinnenbriefen zitiert, erwartet hätte, aber die Energie, die dahintersteckt wieder einmal so offensiv zu spüren, war doch überraschend unangenehm.)

Selbst der Chefredakteur**** gibt zu, dass er erstaunt gewesen sei, dass – natürlich nur – von Männern Zuschriften kamen, die „begannen mit Sätzen wie: »Es scheint als wäre Ihnen beim Zusenden meines gewohnten journalist-Exemplars ein Fehler unterlaufen.« Oder sie endeten mit: »Ich bitte höflichst darum, mir künftig wieder den journalist zuzusenden.« Zwischendrin standen noch Formulierungen wie: »Selbstverständlich freue ich mich über Gleichberechtigung, aber …«“.

Ich habe mir hier auf dem Blog schon über die Geschlechterfrage in unserem Hobby und die Genderisierung Gedanken gemacht. Grundsätzlich war ich bislang immer zu faul, mich für eine der derzeit aktiven Gendervarianten zu entscheiden. Beruflich habe ich bereits Erfahrungen mit dem Binnen-I und dem Gendersternchen gemacht. Auch wenn ich es anfangs umständlich fand, diese Formen zu nutzen, bin ich inhaltlich inzwischen von ihrer Wirkung überzeugt.

Da 90 Prozent der Reiterinnen und Pferdebesitzerinnen tatsächlich weiblich sind, werde ich ab sofort – für unbestimmte Zeit – hier die durchgängig weibliche Form nutzen. Denn bei ihr sind die Reiter und Pferdebesitzer ja tatsächlich im Wort enthalten und müssen sich nicht mit gemeint fühlen, wie es sonst so schön heißt, wenn es darum geht, nicht gendern zu wollen.

Sie dürfen mir gerne schreiben, wie es Ihnen damit geht. Ich werde berichten, was es mit mir selbst macht. Erste Versuche lassen ahnen, dass meine sprachlichen Fähigkeiten dadurch noch variantenreicher und damit besser werden.

* Wer welche Version erhält, entscheidet der Zufall. Ich bekam von der ersten Ausgabe eine männliche Variante, von der zweiten eine journalistin. Ich gestehe: Ich habe mich von letzterer sehr angesprochen gefühlt. Wie Studien zeigen, macht die gendergerechte Sprache nämlich mehr Positives mit uns, als die meisten ahnen oder sich eingestehen wollen.

** Die männliche Form steckt normalerweise problemlos in der weiblichen, auch wenn es manchmal weniger offensichtlich ist, z. B. bei dem/der Ärztin. (Ja, lachen Sie an dieser Stelle gerne – idealerweise auch über Ihre Assoziationen.)

*** Viele Leserinnen wissen wahrscheinlich, dass ich Diplom-Journalistin (univ.) bin und vor allem als Autorin und Redakteurin arbeite.

**** In der Journalismusausbildung stellen junge Frauen übrigens schon längst die Mehrheit, so das Ergebnis einer Studie. Auch die Belegschaft in vielen Medienhäusern ist inzwischen weitgehend oder mehrheitlich weiblich, allerdings nicht die Chefetagen