Drei Minuten, dann fünf, dann sieben, dann 15 – solche Regeln findet man im Netz. Wie ich im vorigen Beitrag dargelegt habe, machen sie so keinen Sinn. Allerdings gilt beim Pferd definitiv der Leitsatz, dass neue Futtermittel langsam in den Speiseplan integriert werden müssen. Und dennoch gibt es Unterschiede – auch was das Anweiden betrifft …
Fakt ist: Hat das Pferd den Winter über kein Hälmchen gesehen, fängt man tatsächlich mit wenigen Minuten an und steigert dies stetig. Man muss im Hinterkopf behalten, dass ein Großpferd, das gierig auf Gras ist, bei entsprechend hohem Bewuchs fünf Kilo in einer Stunde fressen kann.
Faktoren, die bei der Art des Anweidens eine Rolle spielen sind:
- Wie hoch ist das Gras?
- Wie dicht der Bewuchs?
- Wie sind die Temperaturen?
- Ist das Pferd gesund?
Hintergrund: Richtig viel Gras erwischt das Pferd, wenn der Bewuchs dicht und hoch ist. Dann sollte man etwas vorsichtiger sein. War es sehr kalt – eventuell noch in Kombination mit recht kurzem Gras – lagert das Gras mehr Fruktane ein und man sollte vorsichtig anweiden.
Krankheiten oder konstitutionelle Probleme, die mehr Vorsicht beim Anweiden verlangen sind: EMS und PPID (Cushing-Syndrom), chronische Hufrehe, Magengeschwüre, Darmprobleme (z. B. Kotwasser), Kolikanfälligkeit.
Begleitumstände, die ebenfalls ein langsameres Vorgehen über einen längeren Zeitraum benötigen sind: Pferde aus anderen Ländern (z. B. Island, iberische Halbinsel), vor allem, wenn sie unsere Gräser noch gar nicht kennen, sowie ältere Pferde (da ein Eiweißüberschuss durch viel Gras die Nieren überlasten kann.
Ich persönlich habe aufgrund von unterschiedlichen Haltungsformen und unterschiedlichen Pferden verschiedene Variationen des Anweidens durchgeführt. Immer achte ich darauf, dass es nicht zu schnell vor sich geht, aber in der Regel bin ich nach zwei Wochen mit dem eigentlichen Anweiden durch.
Es gibt aber auch Fälle, die es erfordern, doppelt so lange ins Anweiden zu investieren. Wem es für sein Pferd im normalen Anweidemodus seines aktuellen Stalles zu schnell geht, für den sind Fressbremsen in Form von Maulkörben eine Option. Allerdings muss man die rechtzeitig besorgen und fürs Pferd passend gemacht haben. Eine andere Möglichkeit ist, früher mit dem Anweiden anzufangen als der Rest der Herde.
Ansonsten heißt es, die Pferde gut zu beobachten: Wie misten sie, sind sie gebläht? Und ich habe immer etwas in meiner Stallapotheke, das den Pferden hilft, falls es doch einmal zu viel Gras war. Bei mir ist es Homöopathie – es gibt tolle Komplexmittel für Tiere. In der Regel enthalten sie Nux vomica. Aber auch ein Kreislaufmittel kann in dieser Zeit gute Dienste leisten.