Kürzlich überraschte mich meine 19-jährige Stute beim Spaziergang mit einer Idee, auf die ich auch selber hätte kommen können. Da mein Fokus aber auf etwas anderes ausgerichtet war, hatte ich bereits einige Male eine super Gelegenheit verpasst, ihre eigene Motivation ins Training einzubinden.
Kurz vorweg: In der menschlichen Motivations-Psychologie unterscheidet man vier verschiedene intrinsische Varianten – also Motivation, die aus einem selber kommt. Man kann sich diese auch gut fürs Pferd vorstellen. Innere Motivation ist entweder …
- … in der Tätigkeit begründet: Man spielt gerne Geige, man tanzt, singt oder liest gerne und ein Pferd galoppiert eben gerne, ein anderes liebt Trabverstärkungen oder das Wasser.
- … ein Ausdruck von Selbstbestimmung und Kompetenz: Kleine Kinder wollen Dinge selber machen und werden sauer, wenn man sie nicht lässt. Bei Pferden zeigt sich das häufig, wenn sie keinen Druck ertragen – weder zeitlich noch körperlich, noch mental. In diesen Bereich gehört meiner Ansicht auch, dass ein Pferd sich sicher und in seinem Körper wohlfühlen möchte.
- … durch Interesse und Involviertheit angeregt: Ein Mensch, der alles über Pferde wissen möchte und sich deshalb intensiv mit der Thematik befasst, wäre so ein Fall. Bei Pferden könnte man dann am ehesten von Neugierde sprechen.
- … oder zeichnet sich durch die Übereinstimmung von Mittel und Zweck aus: Wer sich eine Fähigkeit aneignet, kann in einer anderen Sache besser bestehen. Auch dieses Konzept kann man sich für Pferde vorstellen, etwa, wenn es um Rangfolge in einer Herde geht.
Zurück zu meiner Stute: Wir waren im Aufbautraining nach einer Verletzung. Ich hatte nicht weit vom Stall eine tolle Stelle im Gelände entdeckt, an der ich sie etwas Krafttraining machen lassen konnte, indem sie um mich herum eine Stufe hinauf und hinunter ging. Was ich – im Gegensatz zu ihr – nicht erkannt hatte: An der Stufe bergauf konnte man wunderbar ihre Lieblingsübung Podest machen. Sie hat es mir gezeigt und hatte sich die Pause und die Entspannung in dieser Haltung auch wirklich verdient.
Indem ich sie immer wieder ihre eigene Idee durchführen lies, konnte ich feststellen, dass sie meine Trainingsaufgabe mit mehr Elan umsetzte als zuvor. Nun ist dieses Pferd grundsätzlich für kleine Pausen als Belohnung zu haben und dann auch motivierter bei der Arbeit. Die Podest-Übung ist für sie Pause und Wellness gleichzeitig. Wie gesagt – ich hätte bedeutend eher selbst draufkommen können.
Im nächsten Beitrag bringe ich noch mehr Beispiele, wie man die innere Motivation der Pferde erkennt und in der Zusammenarbeit umsetzen kann.