Senioren im Sattel

Die Tage fielen mir zwei Sätze wieder ein, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Beide geäußert von jahrzehntelangen Reiterinnen in ihren späten Fünfzigern: „Ich bin nicht mehr die Reiterin, die ich einmal war.“ Und: „Das beste an meinem Alter ist, dass ich jeden Tag noch mehr Gefühl im Hintern entwickle.“ Zu welcher Fraktion möchten Sie gehören?

Kurz vorweg: Ich kenne beide „Zustände“ sehr gut und das nicht erst, seit die Fünf bei meiner Altersangabe in Führung gegangen ist. Und natürlich mag ich die Version mit dem Täglich-Dazulernen mehr. Also habe ich mich gefragt, was macht das Altern mit Pferdesportlern im positiven, wie im negativen Sinn? Wie kann man fit fürs Pferd bleiben und seinen Sport bis ins hohe Alter genießen?

Letztendlich muss man sagen, dass sich die beiden eingangs erwähnten Aussagen nicht einmal gegenseitig ausschließen. Denn sich für mehr Gefühl in welchen reiterlich wichtigen Körperteilen auch immer zu öffnen, heißt für die meisten von uns, eine andere Seite an uns zu entdecken. Und damit sind wir dann tatsächlich – im positiven Sinn – nicht mehr die Reiter, die wir einmal waren.

Was ich dazu für mich festgestellt habe, dürfte für niemanden eine Überraschung sein: Je fitter und beweglicher ich gerade generell bin, umso leichter fällt es mir, auch im Sattel, geschmeidig und ausbalanciert zu agieren. Das kommt bei mir immer wieder dann zum Tragen, wenn ich – aufgrund von Unfallfolgen – mal wieder die eine oder andere Blockierung habe.

Die Schwedin Gunnel Brydolf, hier im Alter von 73 Jahren, begann nach Jahrzehnten Pause mit 50 Jahren wieder mit dem Reiten.

Natürlich wird man im Alter umso sicherer reiten, je besser man in jungen Jahren bereits war, wie man etwa an Oskar Maria Stensbeck sehen kann. Aber man kann auch in späten Jahren das Reiten noch anfangen, wie das Beispiel der Schwedin Gunnel Brydolf zeigt, die zwar als Kind ein wenig reiten gelernt hatte, aber erst mit 50 Jahren richtig in den Sattel stieg. Mit 80 Jahren hat Bent Branderup sie wegen ihrer Vorbildfunktion als Ehrenmitglied in seine Ritterschaft aufgenommen.

Darüber berichtet das Buch Akademische Reitkunst – Beziehungspflege. Mehr dazu im nächsten Beitrag.