Es gibt Dinge, die bürgern sich einfach ein, man übernimmt sie, weil man sie nie anders gesehen hat oder man bekommt es genau so gezeigt. Manchmal werden Dinge aber einfach immer schlimmer, so wie Sätze immer wirrer werden, wenn man mit ihnen „Stille Post“ spielt. So kommt mir das beim Martingal vor.
Die letzten Jahre sehe ich immer öfter Martingale, die so kurz verschnallt sind, dass sie bereits eine Hebelwirkung auf die Zügel ausüben, wenn das Pferd das Genick als höchsten Punkt hat mit einer Nase leicht vor der Senkrechten (siehe Zeichnung, Bild unten).
Ein so genanntes gleitendes Ring-Martingal ist grundsätzlich für das Reiten im Gelände und das Springen entwickelt worden. Die Wirkung sollte erst eintreten, wenn das Pferd dem Reiter – etwa vor dem Sprung – die Hand nehmen möchte, indem es den Kopf hochreißt. Deshalb gehen bei korrekter Verschnallung die Ringe des Martingals bei normal getragenem Hals bis auf Höhe des unteren Randes des Ganaschenwinkels (siehe Zeichnung). Geringe Abweichungen von dieser Regel sind, abhängig vom Exterieur des Pferdes – etwa der Halslänge und der Schräge der Schulter – möglich.
Ein zu kurz verschnalltes Martingal kann das Pferd generell beim Reiten so irritieren, dass es nicht mehr reel ans Gebiss tritt. Grundsätzlich verstärkt die Hebelwirkung den vorhandenen Zügelzug und wirkt so verhaltend aufs Pferd. Dies birgt auf Dauer die Gefahr von Wirbelblockierungen im Bereich des Halses und des Übergangs zur Brustwirbelsäule. Insbesondere beim Springen kann es damit sogar gefährlich werden: wenn der Reiter nämlich dazu neigt, über dem Sprung nicht genug nachzugeben. Mit einem zu kurz verschnallten Martingal muss er das aber vermehrt machen, um keine Störung zu bewirken.