Unter aller Hintern

Bälle und Rollen unterm Po und anderen Körperteilen sind gerade der totale Trend beim Reiten. Die Begeisterung ist überwiegend groß – landauf, landab werden die bunten Dinger angeschafft. Aber: Was können sie tatsächlich? Und worauf sollte man achten?

Ich bin ja grundsätzlich eher für weniger Hilfsmittel auf dem Pferderücken. Als ich vor zwanzig Jahren mit dieser Art Training in Berührung kam, nahm man einfach alte Tennisbälle. Neu ist an der Sache also letztlich nur, dass die Dinger jetzt einen Namen haben.

Das wird gesagt: Bälle und Rollen helfen dem Reiter seinen Sitz zu verbessern, mehr Körper- und Bewegungsgefühl zu entwickeln und dadurch geschmeidiger und feiner in der Hilfengebung zu werden.

So sieht es aus: Schaut man live zu oder Videos zum Thema sieht man vielfach sehr unschöne Bilder. Egal ob Unterricht oder Selbstversuch, man sieht Pferde, die mächtig irritiert reagieren. Man sieht Reiter, die sich, aus dem Gleichgewicht gebracht, an den Zügeln festhalten und Reiter, die mit Ball unterm Hintern mit den Sporen im Pferd hängen und im Anschluss – ohne Ball – erneut.

Das können Bälle und Rollen: Sie können einem den eigenen Körper bewusst machen und Faszien lösen. Aber das können sie beides auch abseits des Pferdes.

Mit Tennisbällen kann man ganz ausgezeichnet Hilfen auf dem Pferd auch im Alltag trainieren. (© C. Götz)

Mit Tennisbällen kann man ganz ausgezeichnet Hilfen auf dem Pferd auch im Alltag trainieren. (© C. Götz)

Mein Fazit: Die Bälle und Rollen machen aus einem groben Reiter keinen feinen und wer noch keinen zügelunabhängigen Sitz gelernt hat, wird ihn alleine dadurch mit Sicherheit nicht bekommen. Denn ein kurzfristiges verändertes Sitzgefühl bewirkt noch keine Änderung eines Sitzfehlers. Zudem wird aus einem schlechten Reitunterricht nur durch Hinzufügen von Bällen noch kein guter.

Ich bin dagegen, für das Lockern von generellen Steifigkeiten oder Verspannungen das Pferd derart zu benutzen. Ich halte diesbezüglich entsprechende Behandlungen, Ausgleichsport oder Aufwärmen abseits vom Pferd fairer. Gezielt und gekonnt eingesetzt können Bälle und Rollen durchaus Aha-Erlebnisse verschaffen. Das kann eine Sitzschulung, bei der man das Pferd nicht in den Oha-Zustand versetzt, aber ebenfalls. Ich kann nur sagen, dass mir Gymnastik und Sitzschulungen wesentlich mehr gebracht haben, als die Bälle.

Zudem besteht die Gefahr, dass man Bälle oder Rollen verliert. Ein weghüpfender Ball kann nicht nur das eigene Pferd massiv erschrecken, sondern auch die der Mitreiter.

Wer sich für die Ideen des Bälle-Namensgebers Eric Franklin interessiert, findet hier demnächst mehr. Zudem beschreibe ich, wie man mit Tennisbällen im Alltag ganz ausgezeichnet Hilfengebung auf dem Pferd trainieren kann.