Natürlich positiv werden Sie sagen, ist doch logisch. Aber jeder arbeitet auch beim Pferd täglich mit negativer Verstärkung. Und das ist gut so. Denn kaum etwas wird mehr missverstanden, als diese beiden Begriffe.
Angenommen, Sie bringen einem jungen Pferd gerade das Angaloppieren unter dem Sattel bei: Das Pferd reagiert nicht. Sie ticken es daraufhin mit der Gerte an. Nun haben Sie positiv verstärkt.
Positiv heißt nämlich erst einmal, dass etwas hinzugefügt wird. Und umgekehrt ist das Grundprinzip einer negativen Verstärkung, dass etwas weggelassen wird: Sie reiten Übergänge. Sie spüren, wie sie nach und nach das Pferd in eine bessere Balance bringen und durchlässiger machen und Sie jeden weiteren Übergang mit weniger Hilfengebung reiten können. Im Prinzip haben Sie nun negativ verstärkt, denn Sie haben den Stimulus – ihre Hilfen – mehr und mehr minimiert, als die gewünschte Reaktion vom Pferd kam.
Verstärkung bedeutet grundsätzlich: Ein bestimmtes Ereignis oder eine Handlung führt dazu, dass ein bestimmtes Verhalten häufiger gezeigt wird. Damit ist sie entscheidend an Lernerfolgen beteiligt.
Die Diskussionen, die vielfach geführt werden, gehen meist völlig an dieser Definition vorbei. Denn positiv und negativ werden als gut oder schlecht bewertet. Doch die Verhaltensbiologie sieht das in Wirklichkeit völlig anders:
Die Definition von Verstärkung beinhaltet zudem folgenden wichtigen Punkt: Etwas fungiert als Verstärker, weil es ein Verhalten beeinflusst. Erst der Effekt, den es auf die Steigerung der Häufigkeit eines Verhaltens hat, macht es zum Verstärker. Ein Beispiel: Ein Leckerchen, in dessen Erwartung das Pferd heute den gewünschten Trick ausführt, kann morgen schon kein Verstärker mehr sein. Etwa, weil es bereits satt ist, oder weil der Anreiz für das gewünschte Verhalten nicht groß genug ist.
Was sollte man daraus lernen? Lösen Sie sich von den Worten positiv oder negativ, sie haben ohnehin in diesem Zusammenhang nicht die Bedeutung, die man ihnen zumisst. Versuchen Sie stattdessen, ihr eigenes Verhalten – und damit auch den auslösenden Faktor – so zu planen, dass Sie es dem Pferd leicht machen, erwünschtes Verhalten zu zeigen.
Wenn Sie also wissen, dass das Pferd die Galopphilfe noch nicht zuverlässig erlernt hat, bereiten Sie es entsprechend vor. Nutzen Sie das Stimmkommando, das das Pferd von der Longe kennt. Die Wahl eines geeigneten Bahnpunktes oder einer bestimmten Linienführung sind ebenso wichtig wie ihre eigene Konzentration. Machen Sie es dem Pferd so leicht wie möglich, das gewünschte Verhalten zu zeigen und reagieren Sie blitzschnell mit Lob, sobald es anspringt.