Ritte oder andere Aktionen mit dem Pferd werden häufig nicht nur kontrovers diskutiert, wie ich hier schrieb, sondern auch oft sehr emotional. Warum ist das so? Blöde Frage? Weiber? Nein, es sind beide Geschlechter betroffen sagt die empirische Psychologie.
Immer mehr Forschungsergebnisse geben Hinweise, warum uns auch eine bestimmte Art zu reiten regelrecht aggressiv macht – und zwar jeden eine andere. Von Untersuchungen über Musikgenuss weiß man inzwischen ziemlich genau, was dabei in unseren Gehirnen abläuft: Bei Musik leuchtet zudem spontan ein, dass sie Emotionen auslöst und zwar positive wie negative. Misst man im Gehirn wie es auf Musik reagiert, findet man – und das ist das Überraschende – eine Aktivierung, wie sie auch bei überlebenswichtigen Reizen stattfindet. Es handelt sich also bei den ausgelösten Gefühlen nicht um erworbenes, ästhetisches Empfinden.
Zwar ist diese emotionale Antwort auf Objekte, Farben oder bewegte Bilder deutlich schwerer zu messen als die auf Musik, aber alle bisherigen Ergebnisse weisen darauf hin, dass dort die gleichen Prozesse ablaufen. Und zwar, ob man will oder nicht. Getestet hat man das bislang unter anderem an Nacktfotos und Autos sowie Babys und Schuhen – und ja, es gab geschlechtsspezifische Unterschiede, sogar deutliche.
Das Gehirn aber reagiert bei den oben genannten Auslösern stets wie im „überlebenswichtigen“ Bereich. Und zwar auch, wenn die Testperson sagt: Interessiert mich eigentlich nicht. Diese Art von Hirnantwort wird auch vermutet, wenn unterschiedliche Betrachter emotional sehr unterschiedlich auf ein bestimmtes Bild oder Design reagieren.
Allerdings kommt noch ein anderer Aspekt hinzu, mit dem sich die Emotionspsychologie befasst hat: Studien zeigen, dass uns eine scharfe Trennung von rational und objektiv zu emotional nahezu nicht möglich ist. Das liegt unter anderem daran, dass es bei der Verarbeitung von Emotionen schnelle und langsame Prozesse gibt. Die langsameren ähneln denen der bewussten Verarbeitung. Außerdem ändern sich unsere Emotionen, wenn wir etwas mit dem Verstand bewertet und verarbeitet haben.
All dies könnte auch Erklärungen liefern, warum reiterliche Diskussionen so emotional geführt werden. Bleibt die Frage, warum unser System diese Auslöser für „überlebensnotwendig“ hält. Auch da werden mögliche Studien wohl eher bei der Musik beginnen als beim Reiten.