Wie geht es ihm?

Diese Frage sollten sich zwölf Pferdeprofis, darunter Trainer, Tierärzte und Reiter, stellen, während sie ein Pferd bei der Arbeit beobachten. Gleichzeitig wurde dessen Stresslevel von dem Team um Carol Hall von der Nottingham Trent University in England medizinisch untersucht.

Um den Stress der Pferde zu messen wurde jeweils der Cortisolgehalt im Speichel vor und nach dem Reiten bestimmt. Außerdem wurde dies anhand der Augentemperatur gemessen. Der Reittest umfasste eine vorgegebene Abfolge von Schritt, Trab und Galopp und dauerte etwa drei Minuten. Ihm ging ein ebenfalls kontrolliertes Aufwärmen voraus.

Wie geht es diesem Pferd? Manchmal muss man keine Stressparameter messen, um zu einem Ergebnis zu gelangen. (© Esra Ruhland)

Wie geht es diesem Pferd? Manchmal muss man keine Stressparameter messen, um zu einem Ergebnis zu gelangen. (© Esra Ruhland)

Die zwölf Profis sollten die Videos des Reitens anhand von sieben Parametern, die auf den FEI-Regeln und der Skala der Ausbildung der deutschen FN basierten, beurteilen: darunter Losgelassenheit, Durchlässigkeit, Motivation und Zufriedenheit. Dazu wurde die Kopf-Hals-Position der Pferde in die Auswertung der Untersuchung miteinbezogen. Eine tiefe Einstellung zeigte eine Steigerung des Cortisolgehalts und das Einrollen des Kopfes lies die Augentemperatur ansteigen – beides Zeichen für Stress.

Bei der Auswertung der Ergebnisse wurde deutlich, dass häufig nicht korrekt eingeschätzt wird, wie es dem Pferd jeweils tatsächlich geht. Außerdem fiel auf, dass Unterschiede in den Beurteilungen zwischen den einzelnen Gruppen – also zwischen Trainern, Reitern und Tierärzten – bestehen. Die Autorin empfiehlt deshalb als nächste Maßnahme, die Messungen auf eine breitere Basis auszudehnen.

Eindeutige körperliche Hinweise auf Stress und deren Koppelung an bestimmte Körperhaltungen beziehungsweise Reitstile haben allerdings schon einige Studien festgestellt. Bleibt die Frage, was noch geschehen muss. Denn die Probleme beim Transfer wissenschaftlicher Ergebnisse in die praktische Umsetzung kennt man beispielsweise auch aus dem Gesundheitswesen. Dort wurde kürzlich wieder nach den Gründen dafür geforscht. Ergebnis: Als größte hemmende Faktoren gelten vor allem das gegenseitige Misstrauen von Wissenschaft und Politik und fehlende persönliche Kontakte.