Worauf reiten wir denn? Teil 2

Im ersten Teil ging es um die Urpferdchen und warum man diesen Zwergen ansehen konnte, dass die Möglichkeit zum Reiten bestünde, wären sie nur erst einmal groß genug. Warum aber wuchsen sie überhaupt zu reitbarer Größe heran?

Das Pferd berührt heute nur mit der Spitze des dritten Glieds den Boden. Die entsprechenden Knochen der menschlichen Hand sind in denselben Farben markiert. (© C. Götz)

Das Pferd berührt heute nur mit der Spitze des dritten Glieds den Boden. Die entsprechenden Knochen der menschlichen Hand sind in denselben Farben markiert. (© C. Götz)

Der Lebensraum der ersten katzengroßen Pferdeahnen veränderte sich langsam aber sicher: Waldreiche Gebiete wichen Steppen – also weiten Graslandschaften mit nur noch vereinzelten Bäumen oder Baumgruppen. Das hatte auf mehreren Ebenen Auswirkungen. Im Wald ist man vor Feinden geschützt, wenn man sich im Dickicht unsichtbar machen kann. Dafür ist man am besten nicht zu groß. In der Steppe gibt es nicht mehr viel zum Unterschlüpfen: Man sieht also am besten rechtzeitig, wenn ein Feind sich nähert und kann schnell fliehen. Dafür ist man idealerweise etwas größer.

Fangen wir mit dem Ergebnis an: Das Pferd läuft heute nur noch auf dem dritten, dem mittleren Zehenglied, von dem nur noch die Spitze den Boden berührt. Alleine dadurch wurden die Gliedmaßen verlängert, das Pferd quasi hochbeiniger. Das Pferd wurde außerdem schneller.

Vom Zehengänger zum (theoretisch reitbaren) Spitzenläufer in rund 40 Millionen Jahren. (© Ralf Roletschek, Wikipedia)

Vom Zehengänger zum (theoretisch reitbaren) Spitzenläufer in rund 40 Millionen Jahren. (© Ralf Roletschek, Wikipedia)

Die Entwicklung des Pferdehufes aus den mehrzehigen Pfoten der Urpferdchen war ein langer Prozess über etliche Millionen von Jahren: Ursprüngliche Pferde traten noch mit weiteren Teilen ihrer Extremitäten auf – sie waren Zehengänger wie es Hunde und Katze auch sind. Das heutige Pferd läuft auf der Zehenspitze. Je weniger Zehen es im Laufe der Entwicklung hatte, umso vielfältiger und drastischer veränderte sich auch der restliche Körper.

Das umfasst auch weitere Umbauten am Skelett: Gelenkflächen veränderten sich, sodass weit ausladende Bewegungen möglich wurden, die dennoch Scherkräften standhalten. Das Kniegelenk formte sich um, sodass auch Ruhen ohne Muskelanstrengung im Stehen möglich wurde. Und auch der Rücken veränderte sich. Bei den ersten Urpferden war die Wirbelsäule noch deutlich konvex, also nach oben gekrümmt, eine Körperhaltung, die man bei heute lebenden Dickichtbewohnern dieser Größe – etwa den Muntjaks, asiatischen Hirschen oder den afrikanischen Duckerantilopen  – beobachten kann.

Aber auch die Zähne haben sich aufgrund der Umstellung vom Laubfresser zum Spezialisten für harte Steppengräser extrem verändert. Mehr darüber in einem späteren Beitrag.