Harmonisieren Sie auch gut mit Ihrem Pferd? Dann verwechseln Sie vermutlich die beiden Verben harmonieren und harmonisieren. Damit sind Sie nicht allein. Mir fällt seit ein paar Jahren vermehrt auf, dass sich hier etwas zu verschieben scheint. Früher habe ich mich oft gefragt, …
… wie Sprache sich eigentlich entwickelt und verändert. Inzwischen durfte ich schon bei einigen Begriffen einen Bedeutungswandel erleben.
Das schönste Beispiel ist das Wort geil: Die indoeuropäische Wurzel wurde als „übermütig, ausgelassen, lustig“ verstanden. Im Althochdeutschen kam die Bedeutung „überheblich“ hinzu und im Mittelhochdeutschen meinte geil „kraftvoll, mutwillig, üppig“. Ab dem 15. Jahrhundert prägte sich ein sexueller Sinngehalt aus, der bis heute existiert, während die anfänglichen Bedeutungen ab dem 17. Jahrhundert verblassten.
Mit Beginn der 1980er-Jahre hat die Jugendsprache geil wieder als „toll, großartig und beeindruckend“ interpretiert. Ganz abgeschlossen ist die Umwandlung noch nicht, was man daran merkt, dass manche junge Eltern lieber g-e-i-l buchstabieren, wenn sie sich gerade daran erinnern, dass der Nachwuchs in Hörweite ist. Aber im Grunde genommen hat sich der Kreis bis zum Ursprung des Wortes schon fast wieder geschlossen.
Zurück zur Harmonie in Verbform: Harmonisieren bedeutet, etwas in Übereinstimmung, in Einklang bringen. Harmonieren hingegen heißt: in Einklang sein, gut zusammenpassen.
Es wäre also von Vorteil, wenn Sie mit Ihrem Pferd harmonieren: im Sattel in Bezug auf Größe, Ihrer beider Anatomie, sowie bezüglich des Temperaments. Natürlich sollten auch die Ziele, die Sie mit dem Pferd erreichen möchten, in Einklang mit seinem Interieur und Exterieur sein. Oder Sie müssen Ihre Ziele mit den Talenten des Pferdes harmonisieren.
Denken Sie daran, wenn Ihnen zwischendurch – wie es bei uns allen der Fall ist – die Harmonie und die Motivation mal flöten gehen*.
Mit Harmonie zwischen Menschen und Pferden befassen sich auch meine beiden Bücher Fein im Maul und Wie ein Zentaur: eins mit dem Pferd – 77 Tipps für besseres Reiten.
Mehr Beispiele zum Bedeutungswandel bei Begriffen aus der Reiterei im nächsten Beitrag.
* Wie die ursprüngliche Bedeutung dieses Begriffs flöten ging ist nicht ganz klar. Man vermutet, es meinte ursprünglich: urinieren gehen.