Beim Pferd bezeichnet man als Kastanien die verhornten, unregelmäßigen Flächen an der Innenseite der Vorder- und Hinterbeine. Kastanien sind in Form und Größe extrem individuell und werden bei Pferden mit wenig Abzeichen und Wirbeln zur Identifizierung benutzt.
Interessant ist, dass sich Kastanien an den Vorderbeinen oberhalb des Vorderfußwurzelgelenks (Karpalgelenk) befinden und an den Hinterbeinen sind sie unterhalb des Sprunggelenks (Tarsalgelenk). Die – üblicherweise, aber nicht immer – vier Kastanien können bei ein- und demselben Pferd sehr unterschiedlich in Form und Lage sein, verändern diese aber ein Leben lang nicht. Deshalb werden sie auch als eine Art Fingerabdruck bezeichnet.
Allerdings ist ihr Wachstum unterschiedlich stark – sowohl von Pferd zu Pferd als auch bei jedem Pferd altersbedingt. Wie auch Hufe zu unterschiedlichen Zeiten und bei einzelnen Pferden unterschiedlich stark wachsen, kann man das auch bei Kastanien beobachten.
Und noch ein faszinierendes Geheimnis steckt hinter den Kastanien: Sie sind evolutionsbedingte Überbleibsel. Denn Urpferde liefen nicht nur auf einer Zehe, sondern auf vieren und deren Vorgänger wiederum hatten fünf Zehen.
Und auch wenn ein Pferd wie alle Equiden heute nur auf einer Zehe läuft, so beginnt ihre Embryonalentwicklung in der Gebärmutter dennoch mit fünf Zehen: Was unserem Mittelfinger entspricht wird zum Röhrbein, der Ring- und der Zeigefinger werden zu Griffelbeinen. Die Kastanie geht auf das zurück, was bei uns heute der Daumen ist.
Vielfach liest man fälschlicherweise, der kleine Finger sei zum Sporn, auch Fesselsporn genannt, geworden. Als rudimentärer Rest gilt der Sporn aber dennoch – und zwar der des Sohlenballens des „Mittelfingers“. Sohlenballen deshalb, weil die Vorläufer unserer Pferde wie heutige Hunde und Katzen Sohlenballen hatten.
Mehr über den Sporn und seine Funktion im nächsten Beitrag.
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