Der Tag des Absetzens ist gekommen. Durch unseren Talkessel hört man das schrille Wiehern der Stuten und Fohlen, die gerade frisch getrennt wurden. Da einige recht spät im Jahr zur Welt gekommen sind, ist es Ende November geworden. Es ist nebelverhangen und kalt, aber für die nächsten paar Tage soll es wenigstens trocken bleiben …
So oder oder so ähnlich sieht bei vielen kleineren Züchtern das Absetzen aus: An einem Tag im Spätsommer oder Herbst werden die Fohlen von ihren Müttern getrennt und in ihren Aufzuchtstall gebracht. Der befindet sich oft direkt am Hof oder ist so nah, dass die Stuten ihre Fohlen rufen hören, und umgekehrt.
Die immer noch am häufigsten angewandte Methode zur Entwöhnung wird wenig hinterfragt. In der Regel hört man, die Mutterstute müsse für das nächste Fohlen (das sich oft schon in sich trägt) geschont werden. Auch Verkaufsargumente spielen eine Rolle. Und nicht zuletzt sind auch Abfohlboxen mit einem Großpferd und einem wüchsigen Fohlen schnell zu eng, was die Verletzungsgefahr erhöht.
Zudem ist das abrupte Absetzen natürlich für Züchterinnen die einfachste und zeitsparendste Methode. Man braucht lediglich sichere Boxen und/oder solide Zäune für den Offen- oder Laufstall.
Es mindert übrigens den Stress für beide, wenn Stute und Fohlen nicht in gegenseitiger Hörweite sind. Wenn die Stute an einen anderen Ort gebracht wird und das Fohlen in der gewohnten Umgebung bleibt, bedeutet dies weniger Stress fürs Fohlen.
Das offensichtlich Schlimmste aus Sicht des Menschen (also das Gebrüll, die Verweigerung der Nahrungsaufnahme und die Unruhe mit Herumlaufen) ist in der Regel nach etwa 48 Stunden vorbei. Studien zeigen aber, dass die längerfristigen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit – vor allem für Immunsystem, Darmmikrobiom und Wachstum – der Fohlen bei dieser Methode am größten sind.
Modifizieren lässt sich die Methode des abrupten Absetzens, indem größere Züchterinnen mit mehreren Fohlen ein den Fohlen schon länger bekanntes Begleitpferd, etwa eine ältere Stute oder einen braven Wallach, mit in ihr neues Leben geben.
Stressmindernd wirkt sich aus, wenn die Fohlen das Aufhalftern und Führen, und falls zum Absetzen nötig auch das Verladen und Fahren, bereits kennen und nicht auch diese Komponenten noch als zusätzlichen Stress erleben.
Wichtig ist auch, zu wissen, dass auch die Ernährungsumstellung für die Fohlen Stress bedeutet. Hier kann es helfen, wenn Fohlen schon möglichst viel des späteren Rau- und Kraftfutters vor dem Absetzen in Ruhe fressen können. Wie es anders geht, darüber mehr im nächsten Beitrag.