Ich habe nicht lange überlegen müssen, ob ich auch etwas zu den unsäglichen Bildern vom Reitbewerb des so genannten Modernen Fünfkampfs schreibe, die aus Tokio zu sehen waren. Nachdem mich mehrere Freundinnen* gefragt hatten, wie ich das einschätze, war klar, dass es wichtig ist, zu erklären, worum es hier eigentlich geht. Da ich persönlichen Einblick …
… in diese Disziplin bekommen habe, werde ich also mal versuchen, zu vermitteln, was Sie ihren Arbeitskolleginnen am Montag sagen können, wenn die Sie danach fragen.
Der Moderne Fünfkampf ist gut 100 Jahre alt: Zur Kombination aus Schwimmen, Geländelauf, Pistolenschießen, Degenfechten und Springreiten geht die Legende, sie symbolisiere den Kampf eines Soldaten mit all seinen Waffen und seine Flucht zu Pferd, zu Fuß, durchs Wasser.
Was beim Reiten verlangt wird, erklärt der deutsche Dachverband so: „Mit einem zugelosten Pferd reitet der*die Athlet*in über einen 350-450 m langen Parcours mit zwölf Hindernissen bis 1,20 m Höhe, davon je eine zwei- und eine dreifache Kombination. Vor dem Ritt hat jede*r Sportler*in 20 Minuten Zeit, um sich mit dem Pferd vertraut zu machen.“
Die Pferde werden von den Veranstalterinnen zur Verfügung gestellt. Die Pferde werden getestet, das heißt, sie werden vorgeritten – von ihren Besitzerinnen oder ihren üblichen Reiterinnen. In Tokio geschah das ohne besondere Vorkommnisse, wie Gabriele Pochhammer in ihrem Kommentar (dem ich voll und ganz zustimme) berichtet. Die Pferde mussten jeweils unter zwei Reiterinnen gehen, außer es wäre – z.B. bei Verletzung oder viermaligem Verweigern – ein Ersatzpferd zum Einsatz gekommen.
Vor der deutschen Reiterin ritt bereits eine Russin das Pferd Saint Boy. Schon zum ersten Sprung kam sie zu dicht, das Pferd riss die Stange und wurde danach sehr grob pariert. Zum zweiten Sprung ritt sie passend, das Pferd macht einen guten Job. Den dritten Sprung reitet sie erneut unpassend an, das Pferd verweigert das erste Mal. Sie kann den Ritt nicht beenden, da der Wallach nach der dritten Verweigerung nur noch am Ausgang klebt und sich dem Hindernis nicht mehr ansatzweise nähern möchte. Verweigerung auf Distanz, quasi. Aber eben nicht ausreichend für die Erlaubnis zum Ersatzpferd für die Deutsche. Man sah deutlich, dass dieses Pferd nur springt wenn Tempo und Absprungpunkt gut passen und dass es seine Mitarbeit verweigert, wenn dies nicht geschieht. Das ist sein gutes Recht, denn es ist kein Sportgerät.
Warum also flippt die deutsche Athletin so derart aus? Sie kennt ihren Sport. Dass man Pferde zugelost bekommt die schwieriger sind als andere, die nicht (mehr) „funktionieren“, ist nichts Neues für sie. Jeder, der diese Sportart nicht erst seit zwei Tagen betreibt, weiß, dass vor allem das Reiten alles durcheinander wirbeln kann. Ich habe null Verständnis für die emotionale Entgleisung. Und aus der entstand das Fehlverhalten dem Pferd gegenüber letztlich.
Ähnliche Bilder hat man früher öfter auf ländlichen Turnieren sehen können. Soweit ich das überblicke, hat die FN da weitestgehend erfolgreich Abhilfe geschaffen. Das bleibt auch für diese Sportart zu wünschen. Und wegen mir darf es auch gerne auf einen Parcours oder einen Trail mit irgendeinem Drahtesel als Ersatz hinauslaufen. Der kombinierte Lauf mit Schießen heißt heute ja auch Laser-Run, denn inzwischen wird mit Laser-Pistole geschossen.