Wer kennt das Drama zu Beginn der Reitstunde, wenn die Bügellänge nicht sofort passt? Als Kind und Jugendliche auf wechselnden Schulpferden war das für mich wirklich schlimm, denn ich wollte ja reiten und nicht herumstehen und Bügel verstellen. Aus dieser Zeit ist mir diesbezüglich noch etwas in Erinnerung geblieben …
Damals habe ich nicht darüber nachgedacht, sondern mich nur geärgert, dass die Anweisung, die Armlänge fürs Bügelmaß zu verwenden mal besser mal schlechter funktioniert hat.
Auch im Springsattel macht es ein zur eigenen Anatomie passendes Pferd leichter, das Reiten zu erlernen. (© C. Götz)
Heute weiß ich, dass meine Bügellänge wesentlich davon abhängt, wie der Sattel und das Pferd gebaut sind. Beim Sattel ist es die Taillierung des Baums, die entscheidet, welchen Weg das Bein bis zum Bügel nehmen muss, beim Pferd bestimmt die Sattellage, die sich durch den Verlauf der Dornfortsätze und die Wölbung der Rippen sowie den BMI des Pferdes ergibt, ob das Bein lang fallen kann oder weit stretchen muss.
Die Beine von Kindern und (kleinen) Menschen mit schmalen Hüften haben immer den längeren Weg. Daher gibt es für sie im Vergleich zu größeren Menschen mit breiten Hüften geringere Chancen auf ein langes Bein auf ein und demselben Pferd – auch bei ansonsten gleicher Beinlänge.*
Neben der reiterlichen Anatomie ist natürlich der Ausbildungsstand sowie die generelle Geschmeidigkeit bei der Bügellänge von Bedeutung.
Der wichtigste Faktor für die Bügellänge ist allerdings die Reitsportdisziplin – mehr darüber und wie man die Bügellänge für jede Anforderung richtig einstellt im nächsten Beitrag.
* Eine Ausbilderin sagte mal zu mir, ich sei ein Sitzriese. Mir blieb die Spucke weg, denn ich habe mir sogar einen Tisch ein paar Zentimeter unter Normalhöhe anfertigen lassen, da ich genau das Gegenteil bin: ein Sitzzwerg. Was war passiert? Ich hatte Unterricht auf einem ihrer recht großen, rundrumpfigen und nicht gerade schlanken Spanier genommen und kam trotz meiner, in Relation zur Gesamtgröße langen Beine, mit meiner schmalen Hüfte in dem breiten Barocksattel nicht so arg weit den Pferdebauch hinunter. Klar, dass dann mein Oberkörper länger wirkte. Auf meinen eigenen, zu mir passenden Pferden – ausgerüstet mit Pritschensätteln – ist das komplett anders.