Eine unterschätzte Gangart

Ich stelle immer wieder fest, dass viele Reiter nicht um den Wert des Schritts wissen. Das merke ich vor allem dann, wenn ich ein Pferd behandle und Übungen im Schritt oder mehr Schritt verordne. Ich kann an den Gesichtern schon sehen, was die Besitzer davon halten. Wenn man dann nachhakt stellt sich meist heraus, dass sie ganz Entscheidendes über den Schritt nicht wissen.

Der Schritt ist ein Viertakt bei dem die Fußfolge von vorne links gezählt über hinten rechts, vorne rechts und hinten links erfolgt. (© C. Götz)

Der Schritt ist ein Viertakt bei dem die Fußfolge von vorne links gezählt über hinten rechts, vorne rechts und hinten links erfolgt. (© C. Götz)

Wie fit und konditionsstark man ein Pferd im Schritt machen kann beispielsweise. Traditionell ist Schritt deshalb die Gangart in der Vielseitigkeitsreiter nach der Winterpause ihre Pferde wieder aufbauen. Die so genannte Asphaltarbeit findet auch genau dort statt: Denn der plane harte Untergrund in Kombination mit dem Viertakt Schritt, bei dem stets zwei oder drei Beine am Boden sind, ist ideal, um Sehnen zu stärken. Was auch der Grund ist, warum Pferde nach einer Sehnenverletzung dort bewegt werden. Die Sehnen werden dadurch stärker, ihre Fasern richten sich regelrecht aus.

Aber auch für andere Probleme und auch für völlig gesunde Pferde ist Schritt wichtig und richtig: Für Letztere zum Aufwärmen vor der Leistung und – mindestens genau so wertvoll – nach getaner Arbeit, um die Schlacken der erbrachten Muskelleistung abzutransportieren, bevor sie dort sich festsetzen.

Für ältere Pferde, Pferde mit Arthrose(n), Pferde im Aufbau nach einer Trainingspause oder vor dem ersten Anreiten ist eine Periode mit „nur“ Schritt oder viel Schritt mit wenig Trab und Galopp fantastisch geeignet, um dem Körper die nötige Kondition zu geben, überhaupt Muskelarbeit leisten zu können. Macht man das nicht, führt rasches Ermüden dazu, dass die Bewegungen schnell auf Bänder, Sehnen und die Gelenke gehen.

Es gibt diverse Studien die dies zeigen. Eine verglich ein Trainingsmodell mit viel Schritt und wenig Galopp, das aber Trainingseinheiten am Berg beinhaltet, mit einem Trainingsmodell mit viel Galopp und wenig Schritt auf der Ebene: Mit dem Ergebnis, dass beide nahezu gleiche Trainingsfortschritte brachten.

Doch es muss nicht unbedingt Klettern im Schritt sein, um tolle Effekte zu erreichen. Auch mit 40–60-minütigen Spaziergängen an der Hand, drei oder vier Mal pro Woche, bei denen das Pferd einen flotten Schritt mit gutem Raumgriff zeigen muss, erreicht man viel. Nimmt man dann noch einige Übungen hinzu, die dem Pferd Kraft geben, sowie einige, die Elastizität und Durchlässigkeit fördern, kann man Pferde gut durch längere Trainingspausen bringen.

Mehr darüber, sowie über die angesprochenen Übungen, in Kürze.