Gassi gehen mit dem Pferd? Wer dafür nur Verwunderung oder Spott übrig hat, dem entgeht ganz schön viel: Ich gehe regelmäßig mit meinen Pferden spazieren, weil es mir und den Pferden gut tut – auf vielen verschiedenen Ebenen.
Für mich sind Spaziergänge – vor allem im Winter – ein fester Bestandteil des Trainingsprogramms. Ich nutze das Spazierengehen mit meinen Pferden derzeit in erster Linie dazu, mich selber zu bewegen, wenn es sehr kalt ist oder ich gerade viel am Schreibtisch arbeite. Dann lockert es meine Muskeln und kräftigt sie gleichzeitig. Für die Pferde sind Spaziergänge an der Hand toll als Ausgleich zum Training, zum Aufwärmen oder als Belohnung nach dem Reiten anstelle der abschließenden Schrittphase unter dem Sattel.
Wer mit seinem Pferd spazierengeht, muss es sicher führen können. Viele, die das Spazierengehen ablehnen, haben in Wirklichkeit Probleme, ihr Pferd zu führen. Dies ist aber auch im täglichen Umgang wichtig, beim Verladen oder wenn das Pferd dem Tierarzt vorgestellt wird. Es lohnt sich also, dem Pferd beizubringen, sich fein auf körpersprachliche Signale führen und regulieren zu lassen. Bodenarbeit ist der Schlüssel dafür, dieses Ziel zu erreichen.
Haben Sie – auf dem Platz oder in der Halle – eine Basis erarbeitet, sollten Sie es sich und dem Pferd anfangs im Gelände dennoch nicht zu schwer machen: Suchen Sie Wege wo wenig Herausforderungen in Form von fettem Gras, Kuhherden oder Lkw warten. Denn auch wenn das Pferd auf dem Platz bereits ausreichend erzogen und im Vertrauen gefestigt scheint, warten im Gelände unbekannte Herausforderungen.
Um Ihrem Pferd und seiner Muskulatur beim Spazierengang etwas Gutes zu tun, müssen Sie auch das richtige Tempo wählen. Läuft das Pferd unter seinem Tempo, benutzt es die Hinterhand nicht genug und läuft oft ohne Rücken. Lässt man das Pferd eilen oder treibt es zu sehr an, kann es sich entweder mental nicht fallenlassen oder verliert den Viertakt und verspannt. Sie sollten lernen zu sehen, welches Tempo für Ihr Pferd optimal ist. Davon werden Sie auch im Sattel profitieren. Beachten Sie die typischen Entspannungsmerkmale wie Abprusten und Fallenlassen des Halses. Hören Sie auch hin: Vor allem auf Asphalt bekommen Sie in puncto klarer Viertakt gute Informationen.
Auch die Führposition, die Sie verwenden, spielt eine Rolle. Denn sie hat Einfluss auf Kontrolle, Vertrauen und Entspannung. Ich bevorzuge es, wenn das Pferd mit dem Kopf an oder eine Armlänge hinter meiner Schulter läuft. Will ich mehr vom Bewegungsablauf sehen, laufe ich an der Schulter des Pferdes oder sogar an seiner Kruppe. Wichtig ist vor allem, dass Sie die Position des Pferds bestimmen und nicht das Pferd. Ob Sie sich dies auf dem Platz oder im Gelände erarbeiten, hängt vom Pferd ab.
Denken Sie daran, von beiden Seiten abwechselnd zu führen. Das ist wichtig, weil sich das Pferd (je nach Führposition mehr oder weniger stark) nach Ihnen ausrichtet und dadurch etwas schief macht. Von rechts genauso sicher zu führen wie an der linken Seite des Pferdes hilft Ihnen zudem in Situationen, wo Sie idealerweise auf der rechten Seite führen, um dem Pferd mehr Sicherheit geben zu können.