Gut verspannt

Manchmal ist Sprache irreführend. Denn eigentlich will niemand ein verspanntes Pferd. Allerdings gibt es beim Pferd zwei „Verspannungen“ die echt super sind – fürs Pferd und auch für uns als Reiter: die obere und die untere …

Die obere Verspannung besteht aus dem Nackenrückenband und der Nackenplatte, die untere Verspannung aus der Bauchwand zwischen Brustbein und Schambeinrand mit der Linea alba.

Schematische Darstellung von oberer und unterer Verspannung. (© C. Götz / Wikipedia)

Schematische Darstellung von oberer und unterer Verspannung. (© C. Götz / Wikipedia)

Da das Pferd ja nicht als Reittier geboren wird, lohnt es sich, einmal nur unter dem Aspekt seiner natürlichen Bewegung und Verhaltensweisen auf diese Teile seiner Anatomie zu blicken: Die obere Verspannung nutzt das Pferd als Weidetier beim Grasen: Wenn es den Kopf senkt, hebt es gleichzeitig den Rücken an und entlastet so die Dornfortsätze der Wirbelkörper. Dieser Zug entsteht, da die Nackenplatte an den Halswirbeln ansetzt und das Rückenband über die Dornfortsatzenden läuft. Die untere Verspannung trägt die Last der Bauch-Eingeweide.

All diese Strukturen – das Nackenrückenband und die Nackenplatte, die Linea alba sowie die an der unteren Verspannung beteiligte Muskulatur der Bauchwand sind aus sehnigem Gewebe. Dies gewährleistet die Möglichkeit von Dauerleistung.

Was beim Grasen selbstverständlich ist, nutzen wir auch unter dem Sattel. Allerdings wird es dabei  oft vernachlässigt. Dabei ist das Aufwölben des Rückens über das Nackenrückenband für junge Pferde ein Muss, denn sie haben noch nicht die entsprechenden Muskeln entwickelt, den Reiter und sich selbst zu tragen. Aber auch für weiter ausgebildete Pferde, die bereits gelernt haben, ihre Muskeln dafür einzusetzen ist ein Vorwärts-Abwärts, bei dem das Prinzip des Nackenrückenbands wirken kann, wichtiger Baustein jeder Reiteinheit. Denn nur so kann die Reitpferdemuskulatur entprechend aufgewärmt und vorbereitet werden und – zwischendurch sowie am Schluss – wieder entspannen.

Die Definitionen, was alles zur oberen und zur unteren Verspannung gehört sind unterschiedlich. Vielfach wird auch noch die dorsale (obere) und ventrale (untere) Muskelkette dazugerechnet. Darüber aber ein anderes Mal mehr.

* Linea alba nennt man die Bindegewebsnaht, die in der Mitte des Bauches verläuft. In ihr verbinden sich die flächigen Sehnenplatten der Bauchmuskulatur.