Luft in die Lungen

Von vielen Kunden höre ich in diesen Tagen, dass das Pferd hustet. In den meisten Fällen wird beim ersten Antraben ein- oder zweimal abgehustet. Fragt man nach, erfährt man häufig, dass – nach dem langen Winter – gerade erst wieder mit dem Reiten angefangen wurde. Vor allem in Ställen ohne Halle konnte in der dunklen Jahreszeit nicht entsprechend gearbeitet werden. Häufig ein Grund, warum die Pferde nun beim Reiten abhusten …

Dass das Pferd ein Lauftier ist wissen viele. Was das für seinen Organismus bedeutet hat sich noch nicht in seiner Gänze herumgesprochen. So wissen relativ viele Reiter beispielsweise nicht, dass im Galopp die Bewegung und die Atmung gekoppelt sind und was das für ein Pferd konkret bedeutet. Pro Galoppsprung erfolgt ein Atemzug. Während im Schritt und im Trab ein Pferd sich „aussuchen“ kann, in welchem Rhythmus es zur jeweiligen Fußung atmet, ist es im Galopp dazu gezwungen.

Das hat zur Folge, dass die Größe des Galoppsprungs die Tiefe der Atmung bestimmt: Je größer die Sprunglänge umso tiefer atmet das Pferd ein. Beim Arbeitsgalopp hat ein durchschnittliches Warmblut einen Galoppsprung von rund drei Metern. Ein Galopper auf der Rennbahn erreicht mit einem Sprung etwa sieben Meter. Dabei erhöht sich die Sauerstoffaufnahme auf das bis zu 33-fache. Der Grund dafür ist vor allem die im Vergleich zur Ruhe verzehnfachte Atemfrequenz und die Steigerung des Atemzugvolumens. In Ruhe atmet ein Großpferd 8–16-mal pro Minute, ein Pony etwas öfter, bei Höchstleistung können es 120–150 Atemzüge pro Minute sein.

Weil die Größe eines Galoppsprunges mit der Tiefe der Einatmung verbunden ist, heißt das im Umkehrschluss auch, dass Lungenerkrankungen dazu führen können, dass Pferde nicht in der Lage sind, raumgreifende Galoppsprünge zu vollführen. Auch ein Sprung über ein Hindernis ist ein raumgreifender Galoppsprung. Treten Widersätzlichkeiten beim Springen auf, können die neben Erkrankungen an Extremitäten und Rücken durchaus auch Lungenprobleme als Ursache haben.

In dieser Phase des Galopps findet die Einatmung statt. Mit der Landung nach der Schwebephase beginnt die Ausatmung. Pferde, die sich auch im Winter ausreichend bewegen konnten neigen im Frühjahr weniger zum Abhusten. (© C. Vidal)

In dieser Phase des Galopps findet die Einatmung statt. Die Ausatmung findet in der Stützphase der Vorhand und der Schwebephase statt. Pferde, die sich auch im Winter ausreichend bewegen konnten neigen im Frühjahr weniger zum Abhusten. (© C. Vidal)

Ein weiterer Effekt des Galoppierens – vor allem eines schnellen Galopps mit weiten Sätzen – ist die Durchblutung und Belüftung der Lunge. Nur so werden alle Bereiche der Lunge mit relativ frischer Luft gefüllt, was sonst nicht der Fall ist, da das Pferd immer eine Mischung aus bereits geatmeter und frischer Luft in die Lunge transportiert. Die Innenfläche einer Pferdelunge, also der Bereich, der Sauerstoff aufnimmt, beträgt bei einem Warmblut etwa 2.500 Quadratmeter. Das entspricht der Fläche von zwei Reitplätzen je 20 x 60 Meter. Man kann sich also vorstellen, welches Potenzial verlorengeht, wenn man es nicht immer wieder ausnutzt. Und das ist auch der Grund, warum viele Pferde ohne ausreichend Bewegung verschleimen und dann abhusten, sobald wieder mehr Luft in die Lungen kommt.

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