Multitargeting und Pluripotenz

Liest sich super, die Überschrift, gell? Da kann einem heiß und kalt zugleich werden. Scherz beiseite! Ich hatte ja angekündigt, etwas zu sich gegenseitig verstärkenden Heilkräutern zu erklären – die im Titel verwendeten Begriffe spielen dabei eine entscheidende Rolle …

Die Erfahrungsmedizin in Asien und Europa kombiniert traditionell verschiedene Kräuter. Diese Rezepturen haben sich über Jahrtausende aus Versuch und Ergebnis entwickelt. Heute kann man dank moderner Laboranalysen und Studien, diese erwünschten Synergieeffekte belegen, die verschiedene Inhaltsstoffe unterschiedlicher Kräuter aufeinander haben.

Heilkräuter sind potentiell pluripotent – haben also mehrere Inhaltstoffe, die verschiedene Effekte aufweisen – und können somit gezielt eingesetzt werden, um mehrere Aspekte einer Heilung zu unterstützen (Multitargeting). Moderne Kräuterheilkundler sprechen dabei von der primären Wirkung, den sekundären, tertiären oder sogar subtilen Wirkungen der Heilkräuter. Sie fragen: Was kann die Pflanze in einer Rezeptur leisten? Ist sie ein Hauptkraut, ist sie Aktivator, Synergist oder ergänzendes Basiskraut für die anderen Pflanzen oder Inhaltsstoffe der Rezeptur?

Sinnvoll zusammengestellt oder einfach nur zusammengewürfelt? Diese Frage stellt sich grundsätzlich bei Fertig-Mischungen von Kräutern. (© C. Götz)

Ein Beispiel aus der Humanmedizin: In einer doppelblinden, klinischen Crossover-Studie mit 20 gesunden jungen Erwachsenen verbesserte eine Kombination von Ginseng und Ginkgo die kognitiven Funktionen wirksamer als jedes der beiden Kräuter allein. Geprüft würde das bei verschiedenen Rechenaufgaben.

Im besten Falle sind Fertigmischungen für Pferde diesbezüglich durchdacht und erprobt. Doch auch wenn sie sinnvoll zusammengestellt statt einfach nur zusammengewürfelt wurden, kann es sein, dass die gewünschten Effekte nicht erzielt werden, wenn beim Patienten andere/weitere Faktoren oder Aspekte der Konstitution oder des Krankheitsgeschehens als in der Mischung anvisiert eine Rolle spielen.

Im Zweifelsfall frisst ein Pferd eine fertige Mischung nur wegen einer bestimmten Komponente nicht – und dies kann auch mit seiner somatischen Intelligenz zusammenhängen.

Auch das ist ein Grund, warum man selber ausgewählte fertige Mischungen nur „kurweise“ also nicht länger als vier bis sechs Wochen verabreichen sollte. Dass man das Pferd dabei gut beobachtet, am besten in Form eines Stalltagebuchs, ist sinnvoll.