Einer meiner Ausbilder hatte es sich bei schwierigen Pferden zu Eigen gemacht, im Sattel fröhlich ein Liedchen zu pfeifen. Das kann nicht jeder und es ist auch kein Muss. Entscheidend ist nur, dass man ein für sich geeignetes Werkzeug findet, um im Sattel auch dann entspannt zu bleiben oder zu entspannen, wenn das Pferd das am dringendsten braucht.
Wer entspannt ist, sagt seinem Pferd: „Ich hab alles im Griff, mir kannst du vertrauen.“ Wer verspannt, setzt es in Alarmbereitschaft. Das Wichtigste ist also zu merken, ob wir entspannt sind und wenn wir verspannen. Das ist nicht so leicht, wie es sich anhört. Auf die Anweisung „den Arm entspannt hängen zu lassen“, halten ihn acht von zehn Menschen ziemlich verspannt.
Folgende Mentastics-Übung hilft, Entspanntheit zu fühlen: Sie spüren im Stehen das Gewicht ihrer Arme, wie sie aus der Schulter hängen. Nun schütteln sie eine Hand, als ob Sie nass wäre, einige Male. Dann lassen Sie den Arm wieder hängen und spüren der Bewegung im Körper nach. Wie fühlt er sich im Vergleich zum anderen Arm nun an?
Wann verspannen wir?
- Wenn wir Angst haben,
- wenn wir unsicher sind,
- wenn uns etwas ärgert oder
- wenn wir an etwas denken, das uns ängstigt oder ärgert.
Für das Pferd ist es letztlich egal, weshalb wir verspannen: Ob wir gerade wütend auf unseren Chef sind oder uns unwohl fühlen, weil es ja heute windig ist, macht für das Pferd meist keinen so großen Unterschied: Eine Hallenecke, die es ohnehin als spooky empfindet, wird an Tagen mit mehr Ärger im Sattel ebenso Anlass sein, dort zu scheuen, wie an Tagen, wo es die Unsicherheit des Reiters spürt.
Welche Möglichkeiten, zu entspannen, gibt es?
- Bewusst ausatmen (oder abschnauben wie ein Pferd) und dann den Atem beobachten,
- singen, summen oder pfeifen (wenn man es kann),
- lächeln,
- gähnen,
- sich aufs lockere Mitschwingen konzentrieren und
- sich aufs Reiten konzentrieren (indem man sich mit Aufgabenstellungen und Lösungen beschäftigt).
Wenn Sie nicht sicher sind, ob es an Ihnen liegt, dass das Pferd sich verspannt, blockiert, nicht loslässt, können Sie sich folgende Fragen stellen:
- Was drückt mein Körper gerade aus?
- Was habe ich gerade gedacht, bevor es losging/schlimmer wurde?
- Was macht mein Atem gerade?
Wie wichtig der Atem für unsere Ausstrahlung, Authentizität und damit Glaubwürdigkeit ist, wird gerne unterschätzt. Nicht umsonst bedeutet das altgriechische Wort Aura – also Austrahlung – Lufthauch oder Atem.
Wer weiß, wann er weshalb verspannt, hat die Chance das nicht nur abzustellen, sondern komplett ganz ins Positive zu drehen. Im nächsten Beitrag gibt es dazu ein Fallbeispiel und mehr Werkzeuge.