Schade eigentlich

Früher war natürlich nicht alles besser. Das will ich überhaupt nicht behaupten. Aber ein Ausrüstungsgegenstand ist leider total zu unrecht seit Jahrzehnten in Vergessenheit geraten. Und das auch noch zum Schaden der Pferde: der Schnurengurt (auch Schnurgurt genannt).

Ich präzisiere: Schnurengurte aus Naturmaterial – Baumwolle oder, noch besser, Schurwolle oder Mohair.* Warum? Nun, das hat (nicht nur meiner Ansicht nach) biomechanisch sehr viele Vorteile gegenüber den heute gebräuchlichen Leder-, Kunststoff- und Stoffgurten.

Ein Schnurengurt folgt dem Pferd in jeder Bewegung, und verteilt dabei den Druck immer gleichmäßig. Das ist durch die Konstruktion aus einzelnen Schnüren in Kombination mit stabilisierenden Abschnitten sowie der Grundelastizität des Naturmaterials möglich. Heute bekommt man hierzulande eigentlich nur noch welche aus Kunstfaser und die oft in unschöner Qualität und Verarbeitung. Allerdings kommen auch Schnurgurte aus Kunstfaser als Lösung in Frage, wenn das Pferd mit anderen Gurten Probleme bekommt – etwa mit der Haut, am Ellbogen oder bei offensichtlichem Gurtzwang.

Nicht nur im Winterfell ist ein Schnurengurt ideal. Betrachten man das rechte Bild mit dem zurückgenommen Bein, kann man gut erkennen, dass ein Schnurengurt hier der Bewegung nicht beeinträchtigt, weil er kaum aufträgt. (© C. Götz)

Nicht nur im Winterfell ist ein Schnurengurt ideal. Betrachten man das rechte Bild mit dem stark zurückgenommen Bein, kann man gut erkennen, dass ein Schnurengurt hier der Bewegung nicht beeinträchtigt, weil er kaum aufträgt. (© C. Götz)

Seltener zieht man Schnurengurte leider in Betracht, wenn anscheinend kein Sattel passen will. Dabei ist häufig nicht der Sattel das Problem, sondern eben der Gurt. Arbeitet das Pferd mit der Brust- und Bauchmuskulatur und hebt sich im Widerrist an, wie man das möchte, kommt vermehrt Druck auf den Gurt. Schmerzt dieser, weil er den Druck nicht gut verteilt, sondern an den Kanten oder auf das Brustbein drückt, wird das Pferd den Brustkorb wieder sinken lassen oder sogar den Rücken wegdrücken.

Wer nun am Sattel schraubt erreicht in so einem Fall nichts, denn der war ja nicht das Problem. Nicht umsonst werden immer wieder Experimente mit elastischen Einsätzen an den Strippen und – zuletzt auch im Bereich des Brustbeins – gemacht. Dabei wäre mit einem guten Schnurengurt bereits vieles ganz einfach.

Der Punkt ist zudem: Passt der Sattel kann man einen Schnurengurt aus Wolle grundsätzlich lockerer gurten als bei anderen Modellen. Auch das kommt den Pferden sehr entgegen. Nicht nur wenn bereits Gurtzwang vorhanden ist. Im Westernbereich sind Schnurengurte aktuell noch weiter verbreitet als bei anderen Sätteln und bleiben das hoffentlich noch länger.

* Ich wünsche mir zu Weihnachten den wundervollen Schnurengurt aus Mohair wieder, der mir geklaut wurde. Bitte gerne anonym an die Adresse im Impressum senden.