Schaum vorm Maul? Teil 3

In die seit Anfang dieses Jahres gültige LPO hat die FN eine Kontrolle der Verschnallung des Reithalfters aufgenommen. Auch warnen immer mehr Tierärzte davor, die Nervenaustrittspunkte am Kopf nicht durch zu enge Reithalfter zu reizen. Doch es gibt aus gesundheitlicher Sicht noch weitere Probleme.

Reithalfter – und hier vor allem der Nasen- und der Sperrriemen des heute so beliebten kombinierten Reithalfters – liegen am Kopf über sehr sensiblen Bereichen. Zu nennen sind an erster Stelle der Magen- und der Dickdarm-Meridian. Wird ersterer durch Nasen- und/oder Sperrriemen des Reithalfters blockiert kann es zu Gangverlust in der Hinterhand kommen, bei zweitem zu Störungen der Vorhand. Headshaking beispielsweise kann – neben vielen anderen Auslösern – auch über eine Reizung des Trigeminus-Nervs durch zu eng sitzende Nasen- und Sperrriemen verursacht werden. Denn die Austrittsöffnungen zweier Nerven am Kopf befinden sich dort, wo diese üblicherweise zu liegen kommen (siehe Zeichnung).

Der orange eingezeichnete Magen- und der grüne Dickdarm-Meridian können durch zu eng verschnallte Reithalfter (lila) blockiert werden. Die roten Punkte kennzeichnen die Stellen unterhalb derer die beiden Kopfnerven aus dem Schädelinneren treten und nun direkt unter der Haut liegen. (© C. Götz)

Der orange eingezeichnete Magen- und der grüne Dickdarm-Meridian können durch zu eng verschnallte Reithalfter (lila) blockiert werden. Die roten Punkte kennzeichnen die Stellen unterhalb derer die beiden Kopfnerven aus dem Schädelinneren treten und nun direkt unter der Haut liegen. (© C. Götz)

Auch bei Zungenfehlern und Zähneknirschen – aus Sicht der Verhaltenskunde und der Medizin ein Zeichen für Stress und Anspannung – lohnt es sich, zuerst einmal das Reithalfter zu entfernen oder zumindest den Nasenriemen passgerecht locker zu schnallen. Bewährt hat sich in der Praxis vielfach auch, dem Pferd über eine Mobilisierung von Unterkiefer und Zunge in Form von Abkauen an der Hand zu zeigen, wie es sich dadurch entspannen kann. Reicht das allein nicht aus, sollte man neben einer Zahnkontrolle gerade bei Zungenfehlern auch Blockierungen des Zungenbeins in Betracht ziehen und behandeln lassen.

In der neuen LPO hat man festgelegt, dass ein Reithalfter korrekt verschnallt ist, „indem zwei Finger (eines durchschnittlichen Erwachsenen) zwischen Nasenrücken und Reithalfter Platz finden“ und will dies auch kontrollieren. Bei einem durchschnittlichen Warmblut sind zwei Finger nebeneinander auf dem Nasenrücken oft zu wenig, damit es entspannt abkauen kann. Es muss sich mit der Zunge das Gebiss im Maul neu zurechtlegen können, ohne dass es Druck vom Reithalfter bekommt. Dabei kommt bei vielen Pferden die Zungenspitze leicht aus dem Maul. Ist das nicht möglich muss man es eben noch weiter schnallen oder ganz entfernen. Auch bei Problemen im Kiefergelenk, etwa Arthrosen, hat sich bewährt das Reithalfter ganz zu entfernen.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass entspannte Maultätigkeit die wichtigste Grundlage für pferdeschonendes und feines Reiten überhaupt ist: Denn nur über ein entspannt kauendes Maul lockern sich Genick, Hals und Schultern. Und nur über ein lockeres Genick ist das Durchschwingen der Bewegung von der Hinterhand durch den Pferdekörper sowie korrekte Stellung und Biegung überhaupt möglich.