„Immer schön locker und geschmeidig bleiben!“ Dieser Spruch eines Kommilitonen begleitet mich seit dreißig Jahren. Ich spürte damals gleich, dass die Ansage etwas Gutes mit mir macht – einfach weil ich immer lachen musste, wenn ich ihn das sagen hörte. Wenn ich es heute selber sage, bringt es mich ebenfalls zum Schmunzeln. Bei einer meiner Sitzschulungen fiel mir der Spruch wieder ein.
Auslöser war die folgende Problemstellung: Sobald die Zügel aufgenommen wurden, blockierte die Reiterin im Sitz. Das Pferd reagierte eigentlich schon beim Gedanken ans Aufnehmen der Zügel mit Taktstörungen. Je kürzer die Zügel wurden, umso deutlicher kam es zu Passverschiebungen. Ich zeigte ihr, wie sie auf zwei Arten an dem Problem arbeiten kann:
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Wir fanden zwei genau auf sie zugeschnittene Übungen, mit denen sie ihre Muskulatur an Hüfte, Schultern und Rücken lockern und dehnen konnte. Mit mehr Beweglichkeit verbesserte sich sofort ihr Körpergefühl und sie konnte auch das Pferd wieder besser wahrnehmen.
- Zudem zeigte ich ihr eine Übung im Sattel, mit der sich sich selbst trainieren kann, auch beim Aufnehmen der Zügel locker und geschmeidig zu bleiben: Sie sollte die Zügel in einem möglichst flotten Wechsel aufnehmen und wieder herauslassen und sich dabei immer darauf konzentrieren, den Bewegungen des Pferdes im Schritt nur zu folgen. Dieses Mitschwingen habe ich hier genau erklärt. Der Trick dabei ist, die Zügel nicht monoton, sondern variierend zu verkürzen: vom hingegebenen zum halblangen Zügel, dann wieder eine Handbreit herauslassen, dann eine halbe Handbreite aufnehmen und eine dreiviertelte wieder herauslassen, usw. Immer nur so weit, dass Pferd und Reiterin sich nicht verspannen und man im Sattel das Mitschwingen weiter spüren kann. Die zeitliche Abfolge der Übung erfolgt in einem zügigen Wechsel. Aber immer nur so schnell, dass noch Ruhe im Pferd bleibt und nur so langsam, dass das Pferd aufmerksam bleibt.
Diese Übung ist übrigens auch eine gute Möglichkeit, Pferde, denen man es angewöhnt hat, direkt nach dem (oder sogar schon beim) Aufnehmen der Zügel anzutraben, zum besseren Zuhören – was nun eigentlich für eine Hilfe oder Lektion kommt – zu erziehen und die Hilfen nicht vorwegzunehmen.
Selbstverständlich muss man beides eine Weile üben, bis es einem in Fleisch und Blut übergegangen ist. Haben wir diese Übungen allerdings einmal in unser System integriert, reicht ein Minimum in der Anwendung aus, um den gewünschten Effekt zu erzielen.
Weitere Übungen für ein besseres Mitschwingen und damit für einen besseren Sitz unter dem Stichwort „mitschwingen“ hier auf meinem Blog.
Eine kurze Erklärung zu den oben angesprochenen Unterschieden im Zügelmaß habe ich hier beschrieben.