„Mein Pferd hatte super Hufe, als es beschlagen war. Aber es kann einfach nicht barhuf laufen.“ Die Aussage habe ich schon häufig gehört. Gestimmt hat sie nie. Hier mal zwei typische Fallbeispiele:
Fall 1: Die Stute hatte angeblich wirklich große Hufe – mit Eisen. Wenige Wochen nach deren Abnahme soll das plötzlich komplett anders sein. Jetzt sieht man einen recht krassen Zwanghuf. Was war passiert? Betrachtet man Bilder, fällt auf: Das Pferd hatte auch mit Beschlag bereits einen Zwanghuf entwickelt – genauer einen Kronenzwang. Dieser entsteht, wenn die Belastung ausschließlich am Tragrand hängt und Sohle und Strahl nicht zum Tragen kommen. Die klassische Situation ist: Ein beschlagenes Pferd läuft nur auf Asphalt. Kronenzwang war eine typische Kutschpferde-Krankheit. Heute kann das passieren, wenn beschlagene Pferde in Paddockboxen oder Ställen ohne ausreichend Sohlengegendruck gehalten werden. Das verbogene Material am Tragrand, das große Hufe simuliert hatte war nun abgelaufen. Und ohne sah man den Zwanghuf nun sehr deutlich und auch die Probleme, die er beim Barfußlaufen anfangs machte.
Fall 2: Die angeblich so tollen Hufe sind von der Form her tatsächlich ganz hübsch: Also nicht zu steil, nicht zu flach, gleichmäßig in Form und Symmetrie – auch im Vergleich zu ihrem jeweiligen Gegenstück. Auch die Hornqualität ist gut. Fragt man nach, erfährt man, dass der sechsjährige Wallach, der sich seit drei Jahren in Besitz befindet, auch genau so lange dauerhaft beschlagen ist. Aufgewachsen – das weiß man – auf weichen Marschweiden, wurde er zum Anreiten aufgestallt und steht seitdem in der Box mit stundenweisem Koppelgang. Nun soll er seinen Fesselträgerschaden in einem Offenstall auskurieren und muss dafür hinten barhuf sein. Damit kommt er nicht klar. Kein Wunder. Denn auch dieses Pferd hat keine „super Hufe“, sondern durch die Art der Aufzucht und den frühen Beschlag mangelhaft entwickelte innere Strukturen, die sich erst bilden müssen.
Was also hilft in solchen Fällen? Verabschieden Sie sich von dem Gedanken, die Hufe wären so toll gewesen und das Barhuflaufen hätte sie schlechter gemacht. Das ist die Grundvoraussetzung, dass Sie die Geduld mitbringen, dem Pferd zu gestatten, seine Hufe zu regenerieren. Dies ist in viel mehr Fällen möglich, als man meint. Es fördert die Gesundheit des gesamten Bewegungsapparates – vorausgesetzt es ist noch nicht zu viel kaputt gemacht worden. In den beiden Fällen oben hat es funktioniert.