Teil 2: Fallbeispiel High-Low-Heel

Vor einiger Zeit behandelte ich ein Pferd, das nicht mehr flüssig galoppierte – auf einer Hand noch deutlich schlechter als auf der anderen. Vermutet wurden Verspannungen im Brustkorb. Doch das eigentliche Problem dieses Pferdes war ein anderes: Sein High-Low-Heel-Syndrom hatte sich verschlimmert.

Ich hatte das Pferd schon einmal ein paar Jahre zuvor bei einem Lehrgang gesehen und war überrascht, wie negativ sich die beschlagenen Vorderhufe verändert hatten. Die Trachten des damals schon flacheren Hufes waren stark untergeschoben, das betreffende Vorderbein dadurch vorbiegig geworden – ein Zeichen, dass das Pferd versucht, das Gewicht auf den Zehenbereich zu verlagern, um den hinteren Teil des Hufs zu entlasten (siehe Zeichnung). Dafür spannt es die Beugemuskulatur an, die in der Folge verklebt.

Immer haben unterschiedlich steile Hufe Auswirkungen auf die Strukturen im Huf, sowie auf die Extremität, die infolge dieser Asymmetrie mehr Gewicht zu tragen hat – bis hinauf in die Schulter, sowie für den Trageapparat des Rumpfes und den Rücken. Auch die Fähigkeit zu gleichmäßiger Stellung und Biegung auf beiden Händen kann von unterschiedlich steilen Hufwinkeln negativ beeinflusst werden, bis hin zur Lahmheit.

Von links: regelmäßig (a), rückständig (b) rückbiegig (c) und vorbiegig (d). (© C. Götz)

Das Pferd musste also nicht nur behandelt, sondern die untergeschobenen Trachten über Barhuf korrigiert werden. Dabei traf ich auf die klarsten Stresspunkte, die ich bislang jemals gesehen hatte und ich ärgere mich noch heute, dass ich sie damals nicht fotografiert habe.

An allen vier Trachten der Vorderhufe waren vier deutliche Einkerbungen – als solche stellen sich Stresspunkte häufig dar. Sie waren alle gleich weit vom Referenzpunkt, der Haarlinie, entfernt. Als der Huf entsprechend seiner eigenen Anleitung gekürzt wurde, war das Pferd bereits in einer deutlich verbesserten Hufsymmetrie und -balance.

Und nicht nur das: Es lief auch sofort deutlich besser als vorher. Die Rückständigkeit war weg und die Verspannungen des Brustkorbs kamen nicht wieder, obwohl sich das ältere Pferd nun in einer Barhufumstellung befand.

In der erweiterten Neuauflage meines Barhuf-Buchs erkläre ich, wie man Stresspunkte erkennt.