Vollblüter sind schlauer als andere Rassen – jedenfalls als andere Blutpferde. Das zeigte eine Studie, die das Verhalten beim Anreiten von englischen und arabischen Vollblütern sowie von Anglo-Arabern verglich.
Das Forscher-Team der Uni im polnischen Lublin untersuchte an insgesamt 72 Pferden, wer besser mit dem Anreiten vor der ersten Rennsaison zurechtkommt: Die Gruppen von je 24 Vollblütern, Vollblut- und Anglo-Arabern bestanden zu gleichen Teilen aus Stuten und Hengsten. Gewählt wurde eine standardisierte Horsemanship-Methode, die in fünf Stufen gestaffelt war und an drei Tagen hintereinander jeweils eine Trainingseinheit täglich umfasste. Gemessen wurde wie lange die Pferde brauchten um eine Stufe zu erreichen sowie die Herzfrequenz während des Trainings.
Dabei stellte sich folgendes heraus: Sowohl die englischen als auch die arabischen Vollblüter erreichten die einzelnen Trainingsstufen schneller als die Anglo-Araber. Letztere zeigten außerdem mehr Stress und bei mehr als der Hälfte konnte nicht innerhalb der drei Tage ein Reiter in den Sattel. Bei den Arabern und den Anglo-Arabern zeigten außerdem die Stuten eine höhere Herzfrequenz als die Hengste, was gemeinhin als Stresssymptom gilt.
Klar kann man sich fragen, warum das überhaupt in drei Tagen passieren muss. Aber auch ein Versuchsaufbau kostet Geld. Was mich aber bei der Geschichte am meisten fasziniert, drückt diese Fragen am besten aus: Wie funktioniert Genetik?
Englische Vollblüter sind letztendlich Kreuzungen von arabischen Vollblütern, Berbern und Achal-Tekkinern mit schnellen englischen Stuten. Vor einigen Jahren stellte man allerdings fest, dass das Geschwindigkeits-Gen in ihnen von einem Shetlandpony stammen muss. Reine, asile Araber machen weltweit einen Anteil von nur zwei Prozent aus. Alle anderen Vollblutaraber (also auch die der Studie) haben unter anderem Landrassen eingekreuzt, die polnischen Araber vor allem die einheimischen. Anglo-Araber sind Kreuzungen aus englischen und arabischen Vollblütern.
Wenn Studien wie diese ihren Teil dazu beitragen, dass man anerkennt, dass Pferde Individuen sind und als solche beim Training berücksichtigt werden sollten, wäre das schon okay. Dann kann ich mich auch gedulden, was die genetische Forschung die nächsten Jahre noch an Ergebnissen zu solchen Themen bringt. Wer weiß, vielleicht kommt ja nicht nur die Schnelligkeit sondern auch die Coolness der Galopper vom Shetty.
* Ich bin erklärter Fan von Vollblütern – unter dem Sattel und beim Behandeln – und nenne sie scherzhaft und liebevoll manchmal so (wie auch viele ihrer Besitzer es tun).