Ich bin wie der Wetterbericht. Wer jetzt sagt/fragt „mal gut, mal schlecht“, dem sei gesagt – ich habe schon immer gerne Witze auf meine Kosten gemacht. Lacht ruhig! Beim Wetterbericht wechseln männliche und weibliche Vornamen für Tiefs und Hochs jedes Jahr*. So könnte man das …
… auch beim Gendern lösen. Ist das wirklich so irre, wie es sich liest? Nein, ich kann sagen, es funktioniert. Denn ich nutze seit März 2020 nur noch die weibliche Form, wenn alle gemeint sind – statt des generischen Maskulinums also das generische Femininum.
Warum ich jetzt wieder darüber schreibe? Das hat mehrere Gründe: Erstens merke ich, wie sich die öffentliche Diskussion ums Gendern gerade verhärtet. Zweitens erlebe ich auch im Privaten von einigen Männern Unverständnis fürs Gendern generell, und speziell auch für die Form, die ich verwende, und drittens kam gerade ein witziger Kommentar von einer Freundin zu dem Thema: Sie fragte mich, ob ich bei der einen Bildunterschrift vergessen habe zu gendern. Hatte ich nicht, aber das Bild zeigt einen Mann – einen Reitanfänger. Deswegen war er nicht gegendert. Allerdings hatte man ihn, ob des gewählten Bildausschnitts, nicht sofort als Mann erkennen können.
Wir unterhielten uns dann noch eine Weile übers Gendern generell und sie erzählte mir folgende Geschichte: Bei einem ihrer Studentenjobs hatte sie praktisch nur mit Frauen zu tun, und die machten sich, etwa während der Mittagspause, einen Spaß daraus, alles Mögliche zu feminisieren. Mein Highlight war: „Gib mir mal bitte die Salzstreuerin!“**
Indem man Bewegungen übertriebener, größer ausführt, als sie später sein sollen, findet man auch beim Reiten zum richtigen Maß bei der Hilfengebung – idealerweise bei Sitzschulungen: von der Grob- zur Feinform. Vielleicht kann das auch einmal eine Weile als Vorbild für Veränderungen der Sprache dienen. Wäre doch schön, wenn eine (größere) Hälfte der Bevölkerung sich sprachlich nicht ständig nur mitgemeint fühlen müsste.
Das Wetter-Modell halte ich persönlich für eine gar nicht so schlechte Lösung. Ich habe für meinen Blog allerdings erst einmal nicht vor, auf einen Ein-Jahres-Wechsel wie beim Wetterbericht umzustellen. Lasst mal die Gerechtigkeitssinnin ein paar Jahre sich austoben …!
* Seit 1998 wird bei den Namen für Tief- und Hochdruckgebiete jährlich rotiert. Bis dahin waren alle Tiefs mit weiblichen Vornamen benannt, Männernamen gab es für alle Hochs. 2023 werden Hochdruckgebiete wieder weibliche Namen tragen.
** Danke Carmen, you made my day!